Kolumne
Nur das Essen zählt

Es gibt so viele Städte zu bereisen, da muss man bei der Auswahl auf spitzfindige Mittel zurückgreifen.

Andrea Muff
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«Ich bin reif für die Insel», sagt man doch so schön, aber trotzdem sitze ich im gut temperierten Büro. Damit meine Gedanken aber schon Mal in die Ferne schweifen können, bin ich kürzlich mit zwei Freundinnen zusammengesessen: Ein Plan für den nächsten Kurztrip muss her.

Andrea Muff, Redaktorin Zuger Zeitung. Bild: Stefan Kaiser

Andrea Muff, Redaktorin Zuger Zeitung. Bild: Stefan Kaiser

Denn von Zeit zu Zeit unternehmen wir übers Wochenende kleine Städtereisen. Ein festgeschriebenes Kriterium ist hierbei: Es muss eine Stadt sein, wo noch keine von uns Dreien bisher war. Eigentlich gar nicht so einfach, sollte man meinen. Inzwischen hat sich aber noch ein weiteres Kriterium eingeschlichen: das Essen.

Erst sammeln wir also die Vorschläge, welche Stadt in einer für uns angemessenen Zeit erreichbar und uns noch unbekannt ist. Danach hängt jede an ihrem Smartphone und schaut sich Bilder der jeweiligen Stadt an. Da diese aber meist sowieso überzeugen, weil ja jede Stadt irgendwie sehenswert ist, müssen wir zu spitzfindigeren Mitteln greifen.

So kam es, dass wir noch ein weiteres Kriterium einführen mussten. Das geschah sogar ziemlich unbewusst. Da wir alle Drei gerne fein essen, gewinnt die Stadt mit dem besten kulinarischen Angebot. Da fliegt schon Mal Polen durch das Raster. Denn die eine Kollegin mag eben keine Pilze und auf Wikipedia – unsere Referenz bei der Schnell-Recherche – steht, dass das polnische Nationalgericht Bigos mit Waldpilzen serviert wird. Oder in Frankreich gibt es Froschbeine auf der Speisekarte – Marseille fällt damit durch. Bis jetzt waren wir auch noch nie in Schottland: Der Anblick der Haggis im Internet reicht aus, sich dagegen zu entscheiden. Ich gebe zu, unsere Ausschlussgründe sind undifferenziert, nicht repräsentativ und unfair gegenüber den Reisezielen. Aber nur so kommen wir am schnellsten zu einem Resultat.

Natürlich wissen wir, dass in den jeweiligen Ländern auch andere Gerichte serviert werden, die uns eher schmecken würden. Wir probieren auch gerne neue Sachen aus, aber die Auswahl der Städte, in die man reisen könnte, ist einfach zu gross – da müssen wir uns an ein banales Kriterium wie die jeweilige Landesküche halten. Als Nächstes reisen wir nach Österreich: Das Wiener Schnitzel, das Backhendl und der Kaiserschmarrn haben uns überzeugt. Für alles andere hatten wir keinen Blick. Aber bald schon fahren wir nach Marseille, Edinburgh oder Warschau – und das, weil wir dort noch nicht waren.