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Stadt Region Luzern
Über eine Woche lang hatte das Quartier Langensand / Matthof in Luzern kein sauberes Trinkwasser. Das stellte Anwohnende vor Herausforderungen, auch unseren neuen Online-Praktikanten. Einblick in einen typischen Tagesablauf.
Als ich am 31. Juli nach Hause komme, klebt an der Haustür ein Brief der EWL. Vor zwei Tagen sei eine bakterielle Verunreinigung des Trinkwassers festgestellt worden, weswegen dieses nun abgekocht werden müsse. Nicht ganz ironiefrei hat bereits jemand das Datum eingekreist und den Brief mit Kugelschreiber ergänzt: «Danke für die Info am SO 31.07.» Und so beginnt das grosse Wasserkochen.
Schon frühmorgens stellt sich die erste Frage: Kann man mit diesem Wasser duschen? Ein Blick auf die EWL-Info zeigt: Ja. Sicherheitshalber kneife ich aber den Mund ganz fest zu, damit ich nicht aus Versehen doch einen Schluck abbekomme. Habe morgen meinen ersten Arbeitstag und will nicht gleich durch Dauerbelegung des WCs glänzen.
Der Abwasch des Zmorge-Geschirrs stellt eine erste Herausforderung dar. Konnte man sonst einfach warmes Wasser aus dem Hahn beziehen, muss man jetzt plötzlich auch zum Abwaschen Wasser aufkochen und dann ein wenig warten oder mit kaltem Wasser mischen, wenn man sich nicht die Hände verbrühen will. Dieses Spiel wiederholt sich dann analog am Mittag und Abend.
Znünipause: Versuche mich daran zu erinnern, wann ich den Tank der Kaffeemaschine das letzte Mal aufgefüllt habe. War das Wasser da noch ok? Sicherheitshalber tausche ich das Wasser aus, womit wieder ein Liter vom Abgekochten verbraucht wäre.
Vor dem Mittagessen die nächste Schwierigkeit: Salat waschen. Man unterschätzt, wie viel Wasser es braucht, um einen grossen Salatkopf durchzuspülen. Schon wieder ziemlich viel sauberes Wasser den Jordan runtergeflossen. Muss mal wieder aufkochen.
Am Nachmittag zeigt sich ein weiteres Problem: die steigende Wohnungstemperatur. Das ständige Wasserkochen fordert auch da seinen Tribut. Im Winter wäre das kein Problem, aber bei 36°C Aussentemperatur wäre es schön gewesen, die Innentemperatur etwas niedriger halten zu können.
Auch das abendliche Zähneputzen gestaltet sich unerwartet kompliziert. Um nicht aus Versehen die Zahnbürste mit dem dreckigen Wasser zu spülen, binde ich einen Putzlumpen um den Hahn. Trotzdem bleibt es mühsam. Haben Sie schon einmal versucht, den filigranen Bürstenkopf einer elektrischen Zahnbürste ohne fliessend Wasser zu reinigen?
Nach einigen Tagen des Abkochens installiert die EWL fünf Trinkwasser-Zapfstellen – der gute alte Dorfbrunnen lässt grüssen – im Quartier, wo man jetzt sauberes Wasser abfüllen kann. Und so ziehen wir fortan also zur Wasserstelle, wie die Gnus in der Serengeti. Nur ohne Krokodile.
Immerhin erreiche ich die nächstgelegene Zapfstelle in etwa drei Gehminuten. Andere haben da weniger Glück und müssen länger bzw. bergauf oder bergab laufen. Mit einigen Litern Wasser im Gepäck bei über 30 Grad kein übermässiger Spass. Immerhin bleibt’s dafür in der Wohnung kühler.
Zum Glück hört man nur sehr vereinzelt von Menschen im Quartier, die sich über Übelkeit und Durchfall beklagen. Allmählich nervt dieser Wasserzirkus aber schon.
Schliesslich gibt die EWL am 9. August für 95 Prozent des Quartiers Entwarnung. Der Rest muss bis am 11. August weiterkochen.