Rück-/Ausblick
Vorsteherin des Nidwaldner Gesundheitsamtes zur Pandemie: «Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben»

Sie hat ihren Job als Vorsteherin des Nidwaldner Gesundheitsamtes angetreten, just als Corona kam. Den unbekannten Zeithorizont betrachtet sie als eine von vielen Herausforderungen.

Matthias Piazza
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Hat zwei ereignisreiche Jahre hinter sich: Karen Dörr, Vorsteherin des Nidwaldner Gesundheitsamtes.

Hat zwei ereignisreiche Jahre hinter sich: Karen Dörr, Vorsteherin des Nidwaldner Gesundheitsamtes.

Bild: Urs Hanhart (Stans, 2. Dezember 2021)

Altersleitbild 2020, Kantonales Demenzkonzept 2014–2022, eine Bedarfsanalyse im Behindertenbereich: Es sind Aufgaben, um die sich das kantonale Gesundheitsamt normalerweise kümmert. Darauf hatte sich auch Karen Dörr eingestellt, als sie Anfang 2020 ihren Job als Amtsvorsteherin antrat. Gleichzeitig kam die Pandemie, die den Plänen einen Strich durch die Rechnung machte. Die Prioritäten mussten neu gesetzt werden. Das Virus hält Karen Dörr und Mitarbeitende weiterer Ämter inklusive Direktionssekretariat in der Gesundheits- und Sozialdirektion seither auf Trab.

«Abgesehen von Corona konnten wir uns in den anderen Bereichen nur noch um das Allernotwendigste kümmern. Vieles bleibt liegen», erzählt Karen Dörr. Seit nunmehr zwei Jahren dreht sich auf dem Gesundheitsamt alles um Corona. Die schnelle Umsetzung behördlicher Vorgaben, sei es von Bund oder Kanton aus, die sich im Wochen- oder gar Tagestakt ändern können, erachtet die 50-Jährige, die zuvor seit 2007 im Direktionssekretariat der Nidwaldner Gesundheits- und Sozialdirektion als Ökonomin und Controllerin arbeitete, als eine der grossen Herausforderungen. «Plötzlich waren wir mit ganz neuen Fragen konfrontiert. So mussten wir etwa klären, ob eine Autowaschanlage quasi zum täglichen Bedarf gehört und während des Lockdowns trotzdem offen haben durfte. Kaum hatten wir uns schlau gemacht, tauchten wieder neue Fragen auf.»

Es hat sich noch keine Routine entwickelt

Wie lange dauert die Pandemie noch? Auch Fachfrau Karen Dörr wagt keine Prognose. «Wir kennen den Zeithorizont nicht. Das ist das Schwierigste an dieser Pandemie.» Auch sie habe erst gerechnet, dass die Auswirkungen des Virus im Sommer 2020, nach der ersten Welle, wieder abflachen werden. «Weil man die Dauer dieses Zustands nicht kennt, wird das Planen extrem schwierig. Für welche Dauer soll man die Verträge mit den über 30 Mitarbeitenden der temporären Corona-Fachstelle abschliessen?» Diese arbeitet im ehemaligen Zeughaus in Oberdorf, betreibt Contact-Tracing, Coronatests, Impfungen sowie die Kontrolle von Schutzkonzepten und entlastet so das dreiköpfige Kernteam des Gesundheitsamtes wenigstens teilweise. Auch nach bald zwei Jahren Pandemieerprobung habe sich aufgrund der vielfach dynamischen Entwicklung, auch bei den vom Bund angeordneten Massnahmen, keine Routine entwickelt. Ihr Rezept, mit der Situation umzugehen: «Man muss einfach flexibel bleiben.»

Das Lachen ist ihr nicht vergangen

Ein Ohnmachtsgefühl sei aber nie aufgekommen. «Wir sind als Team noch stärker zusammengewachsen und bauen uns gegenseitig auf. Und das Schöne ist: Wir haben den Humor nicht verloren. Dies ist in dieser intensiven Zeit sehr wichtig und hilft mit, zwischendurch auf andere Gedanken zu kommen.»

Auch wenn die Kurve der Infektionszahlen schon wieder nach oben geht: Das Gefühl, als Gesundheitsamt nicht genug getan zu haben, sei bei ihrem Team und ihr nie aufgekommen. «Wir haben immer schnell auf die Entwicklung reagiert mit Impfen und dem repetitiven Testen im grossen Stil. Das war uns nur dank der guten Zusammenarbeit, etwa mit dem Kantonsarzt und anderen Stellen, möglich.»

Beim Rudern lädt sie ihre Batterien auf

Behördliche Entscheidungen führen auch zu Unmut. Das ist in Nidwalden nicht anders. «Wir erhalten Briefe und E-Mails, manchmal auch mit undifferenzierter Kritik unter der Gürtellinie. Es gibt aber auch sehr viel positives Echo und Leute, die unsere Arbeit wertschätzen.» Die Batterien lade sie beim Sport, so etwa beim Rudern auf. Sie ist Mitglied des Seeclubs Stansstad. Leider beschränke sich der Sport in diesen aussergewöhnlichen Zeiten aufs Wochenende.

Dass das Virus so schnell verschwindet, wie es auftauchte, glaubt sie nicht. Sie plädiert für eine andere Strategie: «Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben.»