Aktuelle Umfrage zeigt: Drei Viertel der Luzerner KMU sind von Coronakrise betroffen

Der Luzerner Gewerbeverband hat bei seinen Mitgliedern den Puls gemessen – auch mit Coronafragen. Ergebnis: Die Hälfte der KMU rechnet mit einem schlechteren Jahresergebnis als im Vorjahr, ein Viertel mit einem besseren.

Alexander von Däniken
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Wie wird das nächste Wirtschaftsjahr? Das jährliche Barometer des KMU- und Gewerbeverbands Kanton Luzern (KGL) ist jetzt von besonderer Brisanz. Der Verband hat seinen 6500 Mitgliedern, die in einem Gewerbeverein sind, via Umfrageinstitut Demoscope auch Fragen zur Coronakrise gestellt. Rund 13 Prozent der Mitglieder haben sich zwischen dem 16. September und dem 22. Oktober an der Onlineumfrage beteiligt.

Die Auviso AG spürt die Coronakrise direkt: Das Lager mit mietbarer Veranstaltungstechnik ist voll statt leer.

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Nadia Schaerli (Emmenbrücke, 11. November 2020)

Das ist ein höherer Wert als in den Vorjahren. «Es zeigt, dass sich die KMU zu Coronafragen äussern wollen», sagt KGL-Direktor Gaudenz Zemp. Er fügt an, dass es sich bei der Umfrage um eine Momentaufnahme handelt – sie wurde unmittelbar vor Ausbruch der zweiten Welle durchgeführt. Traditionell stellt der KGL die Umfrageresultate physisch an einer Impulsveranstaltung vor. Aus bekannten Gründen ist es dieses Jahr anders (siehe Box).

Video statt Messeanlass

(avd) Nicht nur der Grossteil seiner Mitglieder, auch der KMU- und Gewerbeverband Kanton Luzern (KGL) selbst muss im Coronajahr improvisieren. Geplant war, die Umfrageresultate an der Impulsveranstaltung «Luzern 21» vom 12. November in der Messe Luzern zu präsentieren. Laut KGL-Direktor Gaudenz Zemp kam jedoch nach fertiger Planung der Bundesratsentscheid, welcher eine physische Veranstaltung dieser Grösse verbot. Das sei schade, da das «netzwerken» am Apéro besonders jetzt geschätzt würde.

Stattdessen ist das KMU-Barometer am Donnerstagabend den Mitgliedern online vorgestellt worden. Den «Heissen Stuhl» mit Regierungsrat Marcel Schwerzmann ersetzte man mit einem «Heissen Studio» bei Tele 1. Die bereits gedrehten Impulsvideos gibt’s nun auf www.kgl.ch/luzern21. Auf ein Podiumsgespräch wurde hingegen ersatzlos verzichtet.

Und das sind die wichtigsten Resultate:

51 Prozent der Unternehmen rechnen im Vergleich zum Vorjahr mit einem etwas schlechteren oder klar schlechteren Jahresabschluss 2020. 21 Prozent geben an, ein etwas oder klar besseres Jahresergebnis präsentieren zu können. Und 26 Prozent der Firmen erwarten ein etwa gleiches Ergebnis wie im letzten Jahr. 2 Prozent haben keine Angabe gemacht. Grob gesagt: Die Hälfte der KMU ist vom Virus und dessen Bekämpfung negativ betroffen, ein Viertel kaum und ein Viertel profitiert davon sogar. «Unter die letzte Gruppe fallen zum Beispiel der Onlinehandel und der Tourismus in ländlichen Regionen», so Gaudenz Zemp. Ähnlich verhält es sich mit der Auftragslage.

Erstmals seit Einführung des KMU-Barometers vor vier Jahren gehen die Luzerner Firmen für das nächste Jahr von einer schlechteren Wirtschaftslage als im laufenden Jahr aus. Konkret schätzen 56 Prozent der Unternehmen, dass sich die Wirtschaftslage im Kanton nächstes Jahr verschlechtern wird. Für die Jahre 2017 bis 2019 waren es noch jeweils zwischen 24 und 32 Prozent. Für dieses Jahr stieg der Wert auf 41 Prozent. Gaudenz Zemp sagt dazu: «Aktuell spielt die Pandemie eine grosse Rolle, letztes Jahr waren es mögliche Auswirkungen des Brexit und offene Fragen zum Rahmenabkommen.» Im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich pessimistischer sind die KMU in der Stadt Luzern. Laut Zemp könnte das damit zusammenhängen, dass in der Stadt Gastronomie und Hotellerie besonders unter der Coronakrise leiden. «Entsprechend sind hier die Prognosen weniger optimistisch.»

Als nicht ganz so tragisch beurteilen die Unternehmen ihre Auftragslage für das kommende Jahr. Zwar geben 38 Prozent an, dass sie für 2021 mit weniger Aufträgen rechnen als dieses Jahr, was 9 Prozent mehr sind als bei der letzten Erhebung. Doch unter dem Strich bleibt eine minim positive Stimmung. «Bis jetzt sind wir – bis auf einige Ausnahmen – mit einem blauen Auge davongekommen», bilanziert der KGL-Direktor. Er fügt aber mit Verweis auf den Zeitpunkt der Umfrage an, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt, die einen Durchschnitt aller Branchen darstellt. Tatsächlich offenbart ein genauerer Blick in die Daten, dass die Bauwirtschaft nächstes Jahr mit weniger Aufträgen rechnet. Das erstaunt, zumal selbst im Lockdown die meisten Baustellen in Betrieb waren. «Konjunkturschwankungen treffen in der Baubranche oft mit Verzögerung ein», so Zemp. Der Unterschied von diesem zum nächsten Jahr werde darum auch grösser, weil heuer die Auftragslage gut war.

Ganz ähnlich wie beim Blick auf den Jahresabschluss 2020 verteilen sich die Meinungen bei der Frage, wie sich die Coronakrise in den nächsten zwei bis fünf Jahren auswirkt. 48 Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit einem eher oder stark negativen Effekt; 23 Prozent mit einem eher oder stark positiven Effekt. 27  Prozent sehen weder positive noch schlechte Auswirkungen. Das macht es für den KGL als Dachverband nicht einfach, eindeutige Forderungen an die Politik zu stellen. «Verbandsintern einen Konsens zu finden, wird eine Herausforderung», sagt Zemp, der auch für die FDP im Kantonsrat politisiert.

Wie unterschiedlich die KMU ticken, zeigt sich in der Frage, ob in den Betrieben künftig vermehrt auf Homeoffice gesetzt wird. 56 Prozent verzichten generell auf Homeoffice; weil das zum Beispiel bei Gärtnereien gar nicht geht. Ein Zehntel will derweil künftig Homeoffice weiter ausbauen. 12 Prozent wollen ihre Angestellten im gleichen Ausmass zu Hause beschäftigen wie jetzt. Und 19 Prozent wollen Homeoffice wieder auf das Niveau von vor Corona herunterfahren. Dass ein Fünftel der Betriebe die Belegschaft nach der Krise wieder zurückholen will, überrascht Zemp nicht: «Homeoffice ist für die Führungspersonen anspruchsvoller. Zudem haben vor allem Teilzeitangestellte das Bedürfnis, im Büro arbeiten zu können, was die Arbeitgeber nach Möglichkeit berücksichtigen wollen.»

Die Redewendung «In jeder Krise steckt auch eine Chance» bewahrheitet sich im aktuellen KMU-Barometer bei der Frage, ob die Unternehmen nächstes Jahr genügend qualifizierte Mitarbeiter finden. Der Fachkräftemangel war vor allem im letzten Jahr das bestimmende Thema. Damals sagten 64 Prozent der Firmen für 2020 voraus, die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern werde schwieriger. Jetzt sind es für das nächste Jahr noch 33 Prozent. Das dürfte einerseits daran liegen, dass viele Unternehmen planen, 2021 weniger Personal einzustellen. «Andererseits dürften aufgrund der Coronakrise auch mehr qualifizierte Arbeitslose eine neue Stelle suchen», sagt Zemp.

Hier die Präsentation des Gewerbeverbands im Video:

Und hier der künftige Regierungspräsident Marcel Schwerzmann zu den aktuellen Herausforderungen: