Sie liefern nicht nur feinen Honig: 80 Prozent aller Nutz- und Wildpflanzen werden von der Honigbiene bestäubt. Patrik Thürlemann und Daniel Bänziger setzen sich für den Arterhalt in der Ostschweiz ein.
Irgendwo im nirgendwo im Appenzeller Vorderland tritt Patrik Thürlemann am Waldrand vorsichtig durch das hohe Gras. Er besucht eines seiner Bienenvölker. Der 49-jährige Imker aus Eggersriet liebt und bewundert die fleissigen Tiere. «Ich sitze gerne vor den Bienenbeuten und beobachte das Treiben», erzählt der Physik-
assistent der Kanti Trogen. Fast täglich nimmt sich der Co-Präsident des Imkervereins Vorderland AR die Zeit, um seine wilden Freunde zu besuchen. Denn es sei erstaunlich, wie spannend das Leben der Bienen sei.
Thürlemann ist ein sogenannter Magazinimker, sprich seine Völker wohnen in einer Art Kiste, der sogenannten Bienenbeute, und nicht in einem Bienenhaus. Dem passionierten Bienenfreund geht es nicht primär um den Honig. «Ich freue mich natürlich über einige Gläser. Doch ich praktiziere lieber eine etwas extensivere Bienenhaltung. So verzichte ich gerne und bewusst auf grosse Honigerträge zu Gunsten der Volksentwicklung», erzählt der Appenzeller Hobby-Imker. Patrik Thürlemann und sein Vereinskollege Daniel Bänziger sehen die Bienen keineswegs als «Untertanen»: «Wir sind eher ihre Coaches», sagt Daniel Bänziger und lächelt.
Für die beiden Co-Präsidenten und ihre 600 Imker-Kollegen in der Ostschweiz ist aktuell die wohl intensivste und auch schönste Zeit in ihrem Bienen-Jahreskalender. Der natürliche Vermehrungstrieb hat eingesetzt und die Bienen schwärmen aus. Im Inneren des Bienenzuhauses wird nun eine neue Königin herangezogen. Irgendwann wird eine der Bienenköniginnen mit einem kleinen Volk weiterziehen und Platz für eine weitere Generation machen. Dieser Moment ist besonders wichtig für einen Imker. «Wenn man Glück hat, kann man beobachten, wenn eine Königin mit ihrem Gefolge auszieht.» Dann heisst es die Schwarmfangkiste schnappen und dem Volk aufmerksam folgen.
Manchmal erhalten die beiden laut Bänziger auch Anrufe von der Feuerwehr oder Anwohnern, die berichten, dass sich Tausende von Bienen zum Beispiel auf einem Ast angesammelt haben. Dann kommt die Schwarmkiste zum Einsatz. Sobald die Königin in der besagten Kiste ist, folgen ihr die anderen Bienen.
Im dunklen, ruhigen Keller können die Bienen dann einige Tage «runterfahren». «Es wird sozusagen der Resetknopf gedrückt. Die Bienen kommen zu einer Volkseinheit zusammen und wenn man sie nach einigen Tagen in eine neue Beute einlogiert, nehmen sie diese gerne als neues Zuhause an», erklärt Bänziger.
So manch einer träumt vielleicht von einem Bienenhäuschen im eigenen Garten. Es steckt aber viel Arbeit und ein grosses Fachwissen hinter dem zeitintensiven Hobby. Alleine die Ausbildung zum Imker dauert in der Schweiz zwei Jahre. Die Frühlings- und Sommermonate sind die intensivste Zeit für einen Bienen-Freund. Auch im Herbst gibt es reichlich zu tun. Dann werden die Tiere mit einem speziellen Zuckersirup für die Überwinterung aufgefüttert und für die anstehenden kalte Jahreszeit vorbereitet. In den Wintermonaten findet sich dann die Zeit, um das Material in Schuss zu halten. Bevor man als «Neuling» den Grundkurs antritt, kann man einem der Imkervereine in der Ostschweiz beitreten und bei den Profis ins Imkerleben reinschnuppern. Diese freuen sich stets über interessierte Mitglieder. (mul)