Viele Gäste, individuelle Wünsche

Gäste aus dem eigenen Land, den Nachbarstaaten oder noch weiter her: Je nach Wirtschaftslage sieht der Mix an Touristen anders aus. Von den Anbietern erfordert das Fingerspitzengefühl.

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Wichtig waren sie für Schweiz Tourismus schon immer. Doch in Zeiten des starken Franken werden sie noch bedeutender: Reisende aus Schwellenländern wie China oder Indien – also Zielgruppen, die sich ausserhalb des Euroraums befinden. Erst kürzlich hat Schweiz Tourismus neue Führungsleute bestimmt, welche den Gästestrom aus den aufstrebenden Ländern pflegen und ausbauen sollen.

«Es trägt Früchte»

Den Schritt in neue Märkte – namentlich die Bric-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China – hat Schweiz Tourismus schon vor geraumer Zeit getan. Deshalb konnte sie zum Geschäftsjahr 2011 auch zuversichtlich bilanzieren: «Die Strategie trägt Früchte.» Vergangenes Jahr beispielsweise kompensierten alleine die Zuwächse der Hotellogiernächte aus den Bric-Staaten einen Drittel der währungsbedingten Rückgänge aus der Eurozone und Grossbritannien. Hoch sind die Erwartungen auch an Südostasien: Von 2005 bis 2011 haben die von Gästen aus diesem Raum gebuchten Hotellogiernächte um 72 Prozent zugenommen. «Das Potenzial für die Zukunft ist gross», resümiert Schweiz Tourismus. In die einmal auserkorenen Wachstumsmärkte investiert die Organisation denn auch überproportional.

Nicht bloss Prospekte

Dazu gehört eine starke Präsenz vor Ort: Laut Schweiz Tourismus ist sie gar unabdingbar. In Indien beispielsweise wird der Markt von Teams in Bombay und Neu Delhi bearbeitet. Gefragt ist dabei Einfühlungsvermögen. Worauf alles zu achten ist, haben der Verband Hotelleriesuisse und Schweiz Tourismus bereits 2007 in einer Broschüre dargelegt. Am Beispiel Indien machen sie darin exemplarisch deutlich: Ein Gast hat immer auch spezifische Erwartungen an das Reiseland Schweiz. Diese gelte es mit dem «hierfür notwendigen Fingerspitzengefühl zu eruieren und in lebendige Gastfreundschaft umzusetzen». Für indische Gäste etwa spielt der direkte Kontakt eine zentrale Rolle. Denn Gastlichkeit hat einen hohen Stellenwert und kommt in folgender traditioneller Sichtweise zum Ausdruck: «Einen Gast empfangen zu dürfen ist so, als käme ein Gott zu Besuch.» Im touristischen Alltag heisst das: Prospekte an die Gäste zu verteilen ist zwar in Ordnung. Sie dürfen das persönliche Gespräch aber nicht ersetzen.

Gepflogenheiten von Gastgebern und Gästen nähern sich indessen über die Jahre an. So sei der Umgang mit indischen Geschäftsleuten heute eine weniger delikate Angelegenheit, als dies manche Knigge-Bücher suggerierten. Die Schweizer Tourismusbranche scheint die Tips jedenfalls gut beherzigt zu haben: 460 440 Übernachtungen von indischen Gästen im Jahr 2011 sind 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Thorsten Fischer