In einer langen Stellungnahme wehrt sich Facebook-Konzernchef Mark Zuckerberg gegen die Behauptung einer Whistleblowerin, sein Unternehmen gefährde bewusst die Gesundheit junger Nutzerinnen.
Es dauerte eine ganze Weile. Aber nun scheint auch Facebook-Konzernchef Mark Zuckerberg zur Kenntnis genommen zu haben, dass sein Unternehmen in einer Krise steckt. Also veröffentlichte der Mitbegründer der Social Media-Plattform am Dienstag eine längliche Stellungnahme, natürlich auf Facebook.
Mit seiner Rechtfertigungsschrift, die innerhalb der ersten 24 Stunden von mehr als 700'000 Menschen kommentiert wurde, gibt Zuckerberg eine neue Sprachregelung aus. Demnach ist sein Konzern aktuell nicht Täter, sondern Opfer. An die Adresse der Whistleblowerin Frances Haugen, die basierend auf internen Dokumenten in den vergangenen Wochen schwere Vorwürfe gegen Facebook erhob, sagte er: «Viele Behauptungen sind nicht nachvollziehbar.»
Auch sagte Zuckerberg, dass sein Unternehmen transparent arbeite, und offen über die Gefahren informiere, die von neuen Technologien ausgehe. Auch pries er die Arbeit der internen Forschungsabteilung als vorbildlich für die gesamte Branche an – und wies damit die Behauptung Haugens zurück, dass Facebook die Ergebnisse dieser Forschungsarbeiten unter dem Deckel gehalten habe.
Dumm nur, dass diese Aussage Zuckerbergs nicht der Wahrheit entspricht. So wurde Facebook dieses Jahr dabei erwischt, wie das Unternehmen potenziell negative Angaben über die populärsten Posts unterdrückte. (Die am meisten geklickte Geschichte? Ein Artikel, dessen Schlagzeile suggerierte, dass ein Arzt aus Florida an den Folgen der Covid-19-Impfung gestorben sei.)
Auch hatte Zuckerberg noch im März behauptet, ihm lägen keine Hinweise vor, dass die Nutzung von Instagram sich negativ auf die geistige Gesundheit von Teenagerinnen auswirke. Vielmehr sprach er, notabene vor einem Ausschuss des Kongresses, über die «positiven Vorteile», die soziale Applikationen auf die menschliche Psyche hätten. Auf Nachfrage zweier Abgeordneten weigerte sich Zuckerberg, die internen Forschungsarbeiten publik zu machen, auf denen diese Aussagen angeblich beruhten.
Der Senator Richard Blumenthal, ein Demokrat, kündigte am Mittwoch an, dass er den Multi-Milliardär in den kommenden Wochen erneut vor den Kongress zerren werde. Mark Zuckerberg habe «die Pflicht», der «amerikanischen Bevölkerung» in eigenen Worten zu erklären, wie toxisch sein Unternehmen sei, sagte Blumenthal sinngemäss. Er machte aber auch deutlich, dass er den Worten von Zuckerberg keinen Glauben mehr schenke. «Er hat unser Vertrauen verloren, falls er es überhaupt jemals besass», sagte Blumenthal dem Fernsehsender CNN.
.@SenBlumenthal says the Senate will invite Mark Zuckerberg to testify in response to the Facebook whistleblower's testimony.
— New Day (@NewDay) October 6, 2021
"I can't tell you whether he will accept. But I think Mark Zuckerberg has an obligation to tell the American people himself"https://t.co/oVAvgpp2Ng pic.twitter.com/LfvI7h8NB6
Der Senator setzt seine Hoffnung deshalb auf weitere Whistleblower: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Facebook, die Interna ausplaudern und vielleicht auch erzählen können, ob die Chefetage Hinweise auf den Schaden, den das Unternehmen bei den Nutzerinnen und Nutzern anrichte, bewusst ignorierte. Frances Haugen kann, wie sie am Dienstag mehrmals zugeben musste, über diese Entscheidungsprozesse keine Auskunft geben. Sie war als «Product Manager» nicht Teil der Facebook-Chefetage, wie eine Unternehmenssprecherin betonte.