Die Amerikaner haben innerhalb von knapp drei Jahren 40 Prozent ihrer Vermögen verloren. Damit ist viel Wohlstand, der über Jahrzehnte aufgebaut wurde, ausradiert worden.
WASHINGTON. Die gedrückte Stimmung in den USA hat eine konkrete Ursache. Während der «grossen Rezession» zwischen 2007 und 2010 verloren amerikanische Familien dramatisch an Einkommen, Erspartem, Aktien- und Immobilienvermögen. Laut offizieller Zahlen der US-Notenbank fiel der Nettowert aller Haushalte – im Median – von 126 400 $ auf heute nur noch 77 300 $. Der Median beschreibt das mittlere Vermögen. Jeweils die Hälfte der Bürger hat mehr oder weniger als den Medianwert zur Verfügung.
Diese Entwicklung stellt nach Ansicht von Analysten einen gravierenden Einbruch dar. Laut Mark Zandi, Chefökonom von Moodys Analytics, lässt sich die Dramatik des Kollapses kaum in Worte fassen. Die gesamte Wirtschaft habe sich im freien Fall befunden, sagte er zur «Washington Post». Mit einer Ausnahme: Der Nettowert bei den wohlhabendsten Familien in Amerika stieg in der Zeit der Not von 1,172 Mio. $ auf 1,194 Mio. $. Damit belegt die Notenbank Fed ein weiteres Mal das Auseinanderklaffen der Einkommens- und Vermögensschere in den USA. Derart gross war die Diskrepanz zwischen den Superreichen und dem Durchschnitt der Bevölkerung letztmals während der Zeit der Eisenbahn-Barone Ende des 19. Jahrhunderts.
Die Verluste für die überwältigende Mehrheit der Bürger lassen sich auf vielfältige Weise beschreiben. Spürbar macht sich der Abbau an Wohlstand zuerst beim Einkommen. Der Median fiel von 49 600 auf 45 800 $, was einem Minus von 7,7% entspricht. Gleichzeitig blieb die Verschuldung der Privathaushalte auf hohem Niveau. Der Anteil der Familien, die mehr als 40% ihrer Einkommen für die Bedienung von Schulden aufbringen müssen, blieb ungefähr gleich.
Veränderungen ergaben sich bei der Art der Schulden. Während die Amerikaner die Last auf ihren Kreditkarten verringerten, mussten Familien in verstärktem Mass Ausbildungskredite aufnehmen, um die drastisch gestiegenen Kosten für den College-Besuch aufzubringen. Unmittelbar bemerkbar macht sich auch der Verlust bei den Immobilienwerten. Der Median beim Eigenbesitz an Häusern und Wohnungen sank auf 42%. Das entspricht einem Immobilienwert von 55 000 $. Am härtesten traf es die ärmsten Familien, deren Wohngebiete besonders vom Rückgang auf dem Immobilienmarkt betroffen sind.
Mittel- und langfristig wird sich der Verlust auch in den privaten Rentensparkonten zeigen, die in den USA die zweite Säule der Altersversorgung ausmachen. Der Wert der Aktien-Sparanlagen sank um 7% auf einen Median von nun 44 000 $.
Die Notenbank legt alle drei Jahre aktuelle Zahlen über die Entwicklung der Haushaltsvermögen vor. Der diesmal beschriebene Verlust für den Zeitraum von 2007 bis 2010 entspricht in etwa dem, was eine Generation vorher in 20 Jahren an Wohlstandszuwachs aufgebaut hatte.