Die roten Herold-Taxis gehören zum St.Galler Strassenbild. Die neue Generation will sie in eine nachhaltige Zukunft führen.
Ein Tisch, ein paar Telefone, die andauernd klingeln, das ist die letzte Taxizentrale von St.Gallen. Bei vielen Taxis klingeln heute die Handys, bis ein freies Taxi abnimmt. Auch digitale Technik und Callcenter helfen, Kunden und Taxifahrern zu vermitteln. Herold Taxi vertraut auf die gute alte Zentrale. «Wir setzen auf den persönlichen Kontakt», sagt Senior-Chef Daniel Holenstein.
Für Kunden ist es so einfacher, auch mal einen Sonderwunsch anzubringen, oder einen Tipp, wo das Taxi warten soll. «Aber es ist auch für das Team wichtig», sagt Holenstein. «Zentrale und Fahrer müssen zusammen funktionieren.» Das sei auch ein Grund, weshalb die Chauffeure das Familienunternehmen schätzten. «Ich habe Herold vor 27 Jahren übernommen», sagt Holenstein. «Wir haben heute noch Fahrer, die schon länger dabei sind.»
Nun tritt Daniel Holenstein aus der operativen Führung ab. Seine Söhne haben Anfang Monat die Zügel des Unternehmens in die Hand genommen. Für David Holenstein, der schon lange für den Familienbetrieb arbeitet, war das schon lange klar. Bruder Samuel hat erst sein Studium abgeschlossen. «Erst wollte ich in eine andere Richtung», sagt er. «Aber ich habe immer wieder im Betrieb gearbeitet.» Und so stieg auch das Interesse. «Ich habe vor, noch die Taxiprüfung zu machen», sagt er.
Vor über 100 Jahren startete Herold mit Pferdekutschen. Das Unternehmen ist gewachsen, das Geschäft bleibt das gleiche: Menschen wollen von einem Ort zum andern. «Wir bringen Ärzte und Anwälte in die Innenstadt zur Arbeit», sagt Daniel Holenstein. Auch Leute die nicht gut zu Fuss sind, nehmen das Taxi. Und jeder Kunde ist anders. «Am Tag heisst Taxifahren oft auch Hilfeleistung.» Rollatoren, Stöcke oder Gepäck müssen verladen werden. Dafür schätzen die Kunden ein höfliches «Sie». «In der Nacht kommt ein kollegialer Umgangston besser an.» Deshalb fahren die meisten Fahrer nur entweder tagsüber oder nur nachts.
Meist bleiben die Kunden in der Region, manchmal drängt es sie aber in die Ferne: «Die weiteste Fahrt war nach Nizza», erinnert sich Holenstein. «Und ein Geschäftsmann liess einmal seinen Laptop nach Frankfurt fahren.» Auch nach Mailand fuhr Herold schon öfter. «Solche Strecken kamen früher aber häufiger vor. Als ich angefangen habe, kam es oft vor, dass sich Textilbarone von uns ins Ausland fahren liessen. Oft weil ihr eigener Chauffeur ausfiel.»
Dafür hat Holenstein neue Geschäftsfelder gesucht. Herold übernimmt Schulbusfahrten, gerade für Sonderschulen und Institutionen. So gehören heute neben den über 50 Taxis auch 35 Kleinbusse zum Unternehmen, es beschäftigt 170 Leute. Die meisten sind am Steuer, aber auch im Büro und in der Werkstatt arbeiten rund 20. Das macht Herold zum grössten Taxiunternehmen der Ostschweiz. «Wir sind auch schweizweit eins der grössten», sagt Daniel Holenstein nicht ohne Stolz.
Doch die Zeit ändert auch das Taxigeschäft. Der Online-Fahrdienst Uber hat in vielen Städten das Taxiwesen in Aufruhr gebracht. Doch St.Gallen bleibt davon noch verschont. «Vor zwei Jahren habe ich an der HSG einen Vortrag eines Uber-Managers gesehen», sagt Samuel Holenstein mit einem Schmunzeln. «Da verkündete er, Uber sei bald hier.»
Vor zehn Jahren trat das kalifornische Start-Up Uber an, den Taximarkt umzukrempeln. Fahrer sollen nicht reglementierte Taxiunternehmen mit Taxametern und Fahrerprüfung sein, Fahrer sollte jeder sein können, der etwas Zeit und einen Platz im Auto hat. Bald hatte sich Uber vor allem in den Grossstädten in aller Welt verbreitet.
Doch der Motor stockt. Taxifahrer und Gewerkschaften protestieren schon lange gegen Uber, auch wegen den oft schlechten Arbeitsbedingungen der Fahrer. Einige Städte und Länder erliessen neue Gesetze. Anfang Jahr folgte der Börsengang von Uber. Doch nach hohen Verlustmeldungen der letzten Tage stürzten die Kurse: Uber-Aktien haben nur noch einen Drittel ihres ursprünglichen Wertes.
Noch bevor Uber in der Schweiz all zu stark wurde, hat die Taxibranche reagiert: Mit «Go!» unterstützt der Branchenverband seit zwei Jahren eine App, an die viele Taxiunternehmen angeschlossen sind. (ken)
Doch in vielen Städten wird die App reguliert, und der Schritt aus den Grossstädten hinaus scheint ferner denn je. «Wir sind eine kleine Stadt», sagt Holenstein. Vier von fünf Taxis werden per Telefon bestellt. «In der Nacht ist die Distanz von den Bars zum Taxistand kurz.» Für Uber tue sich da kaum eine Lücke auf. Zumal die Taxibranche sich schon wehrt. Mit der App «Go!» kann man bereits in vielen Regionen Taxis schnell per Klick bestellen. Auch Herold ist dabei. «Lange waren es nur ein, zwei Bestellungen», sagt David Holenstein. «Aber es steigt an. Heute sind es rund zehn am Tag.»
Ein anderer Trend dürfte die Branche in den nächsten Jahren prägen: Die Nachhaltigkeit. Einen Anfang gemacht hat das Unternehmen schon Anfang der 2000er-Jahre mit ersten Erdgas-Autos. «Heute haben wir zwei Teslas im Einsatz», sagt Holenstein. «Ein paar Chauffeure freuten sich darauf. Die fahren jetzt damit.» Nicht nur die Chauffeure freuen sich. «Es gibt Kunden, die gezielt nach den Teslas fragen», sagt Samuel Holenstein. «Besonders grüne Lokalpolitiker.» Die Erfahrungen mit den Teslas seien gut. Weitere Elektroautos dürften folgen. Das ist ein Ziel der neuen Generation: «In zehn Jahren ist Herold Taxi noch nachhaltiger», sagt Holenstein.