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Wirtschaft
Seit geraumer Zeit versucht der Ostschweizer Schienenfahrzeugbauer Stadler sein Marktgebiet nach Asien auszudehnen. Doch immer wieder ist das Unternehmen mit Angeboten gescheitert. Nun soll ein eigener Standort im Verbund mit einem lokalen Hersteller den Durchbruch bringen.
Peter Spuhler ist in Feierlaune. Endlich ist dem Stadler-Patron gelungen, was er seit Jahren anstrebt: der Einstieg in den asiatischen Markt. Wiederholt ist der Ostschweizer Schienenfahrzeugbauer mit Angeboten aus Europa heraus an Konkurrenten gescheitert, so etwa mit Lokomotiven für Sri Lanka. Oder jüngst mit 50 Intercity-Zügen für Taiwan an der japanischen Hitachi.
Auch die Politik wirft Spuhler immer wieder Knüppel zwischen die Beine. So im Iran, wo US-Präsident Donald Trump mit seinen Sanktionen Stadler, einen Grossauftrag der Teheraner Metro vor Augen, abrupt gestoppt hat. Oder in Indien, wo ein Grossauftrag seit geraumer Zeit auf Eis liegt.
Um in Asien dennoch zum Zug zu kommen, will Stadler seit über zehn Jahren mit einem eigenen Standort einen Fuss in den Markt setzen. Denn: «Aus Europa heraus sind die Wege zu lang und unsere Kosten zu hoch», sagt Spuhler. Nachdem sich Pläne für ein Werk in Indien zerschlagen haben, ist Spuhler nun in Indonesien fündig geworden.
Im Osten der Insel Java, in Banyuwangi, errichtet der indonesische Schienenfahrzeugbauer PT Inka gegenwärtig ein Werk. Dieses wird von PT Inka und Stadler im Rahmen einen Joint Ventures gemeinsam genutzt werden, wobei Stadler Technologie im Bahnbau und im Bau von Aluminium-Wagenkasten beisteuert und die Fabrik entsprechend ausrüstet. Auch wird es Stadler obliegen, Mitarbeitende zu trainieren und Nachwuchs auszubilden.
Kurzum: Die beiden Unternehmen wollen ihre Stärken kombinieren, die bei PT Inka aus dem lokalen Know-how bestehen und bei Stadler aus dem Technologie-Know-how sowie der Produktions- und Kosteneffizienz und der Qualität der Produkte. Mit dieser geballten Kraft wollen Stadler und PT Inka Fahrzeuge nicht bloss auf dem indonesischen Markt verkaufen, sondern auch in andere Länder Südostasiens und nach Australien verkaufen.
Kein Thema ist der Markt China, wo die Regierung den Staatskoloss CRRC protegiert. Aber Stadler und PT Inka wollen CRRC in Ländern wie Vietnam, Malaysia, Kambodscha oder den Philippinen konkurrenzieren.
Indonesien selber bietet auch einiges Potenzial. Mit 265 Millionen Einwohnern beherbergt der Staat 60 Prozent der Bevölkerung Südostasiens. Das Land wächst weiter, und die Transportprobleme sind gewaltig. Die indonesische Ministerin für Staatsunternehmen, Rini M. Soermano, sagt deshalb: «Wir wollen den öffentlichen Verkehr weiter ausbauen, und Züge spielen dabei eine wichtige Rolle.»
Für das Joint Venture zeichnet sich denn auch bereits ein erster Auftrag ab: In einer Grundsatzvereinbarung haben sich die indonesischen Staatsbahnen verpflichtet, 500 Wagen für elektrische S-Bahnen zu bestellen, verbunden mit einer Option auf nochmals 500 Wagen. Diese Bestellung ist eine Bedingung für die Umsetzung des Joint Ventures.
Spuhler äussert sich sehr zuversichtlich: «Ich erwarte, dass der Auftrag im ersten Semester 2020 erteilt wird.» Damit würde das Werk, das seine Produktion im Jahr 2021 aufnehmen soll, mit einer Grundauslastung starten. Spuhler rechnet damit, dass in einer ersten Phase wohl 200 bis 300 Arbeitskräfte beschäftigt werden und die Mitarbeiterzahl dann schrittweise hochgefahren wird.
Im neuen Werk werden die Wagenkasten aus Aluminium gefertigt, die Vor- und Endmontage erledigt und die Schienenfahrzeuge in Betrieb gesetzt. Am Joint Venture hält Stadler 50 Prozent minus eine Aktie. Beabsichtigt ist zudem, dass sich die indonesischen Staatsbahnen am Joint Venture beteiligen.
Weitere Aufträge für das Gemeinschaftsunternehmen zeichnen sich vorerst noch nicht ab. Allerdings ist Stadler in Taiwan gegegenwärtig noch bei einer anderen Ausschreibung im Rennen. Dabei geht es um 34 dieselelektrische Lokomotiven. Diese würden aber, falls Stadler den Zuschlag erhält, in Europa bei Stadler Rail Valencia in Spanien gefertigt.