Schulstunde in der Werkstatt

Ein Projekt der PHSG bringt Oberstufen und Industriebetriebe zusammen. Das soll der Industrie zu interessiertem Berufsnachwuchs verhelfen. Die Schulen erhoffen sich ihrerseits einen spannenderen Unterricht in technischen Fächern.

Kaspar Enz
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Mit dem Mint-Projekt der PHSG können auch Oberstufenschüler in Industriebetrieben Hand anlegen, wie dieser Lehrling bei Bühler. (Bild: Ralph Ribi)

Mit dem Mint-Projekt der PHSG können auch Oberstufenschüler in Industriebetrieben Hand anlegen, wie dieser Lehrling bei Bühler. (Bild: Ralph Ribi)

Schulabgänger sind knapp geworden: 8500 Lehrstellen waren in der Schweiz im Sommer noch offen. Gerade die Industrie kämpft um Nachwuchs. Das spürt auch die SFS Gruppe in Heerbrugg. «In den letzten Jahren gelang es uns nicht immer, alle Polymechaniker-Lehrstellen zu besetzen», sagt Ivo Riedi, Leiter der beruflichen Grundausbildung bei SFS. Das habe aber nicht nur mit der sinkenden Zahl der Schulabgänger zu tun. Interessenten gebe es schon, «aber sie erfüllen zum Teil unsere Ansprüche in Mathematik und Naturwissenschaften nicht», sagt er.

Zu wenig sexy

«In Konkurrenz mit den sauberen Arbeitsplätzen in Dienstleistungsberufen wirken diese Berufe wohl nicht so sexy», sagt Titus Guldimann. Er ist Prorektor Forschung und Weiterbildung der Pädagogischen Hochschule St. Gallen und leitet dort das Mint-Projekt. Die Abkürzung steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Hier ist der Fachkräftemangel besonders ausgeprägt, wie eine Studie im Auftrag der IHK St. Gallen-Appenzell kürzlich ergab. Das Projekt der PHSG will Industrie und Schulen einander näherbringen. Denn daran, dass der Industrie der Nachwuchs fehle, seien die Schulen nicht ganz unschuldig, vermutet Guldimann. «Naturwissenschaftliche Fächer wurden in den letzten Jahren gestutzt, die sprachlichen aufgewertet.»

Vier Oberstufen und vier Industriebetriebe sind im Rahmen des Projekts eine Partnerschaft eingegangen. Auch die SFS gehört dazu. Im ersten Jahr ging es erst einmal darum, Lehrer und Lehrbetriebe zusammenzubringen. So habe ein Lehrer der Oberstufe Mittelrheintal in Heerbrugg dafür seinen Bildungsurlaub genutzt und bei der SFS verschiedene Berufe kennengelernt, sagt Ivo Riedi. Darauf aufbauend überdenke die OMR auch, wie sie naturwissenschaftliche und technische Fächer unterrichtet. Und die SFS könne die Schule auch mit Material unterstützen. «Auch ein Unterricht bei uns ist möglich.» Das sei schon geschehen: So verbesserten Lernende der SFS mit Oberstufenschülern einen Sterling-Motor. «Es wäre sicher noch mehr möglich.»

An die Chancen des Projektes glaubt auch Christoph Eggenberger, Schulleiter der Sekundarschule Uzwil, die mit Bühler zusammenarbeitet. Schon jetzt gebe es zwar Berufserkundungen mit den Schülern. «Doch die geben nur einen kurzen Einblick. Hier können sie wirklich einen Nachmittag lang in der Werkstatt arbeiten.» Doch dieser Schritt steht den Uzwiler Sekschülern erst bevor. Bis jetzt waren es die Lehrpersonen, die intensiv ins nahe Unternehmen Einblick erhielten.

Grenzen durchbrechen

«Die Lehrer kamen in Gruppen vorbei und lernten CAD-Zeichnen», sagt Andreas Bischof, Leiter der Berufsbildung bei Bühler. Die Zusammenarbeit zwischen Ausbildnern an der Schule und im Betrieb helfe auch, gegenseitige Widerstände abzubauen, meint Bischof.

Bühler macht beim Mint-Projekt mit, um in Zukunft genug Berufsnachwuchs zu gewinnen, sagt Andreas Bischof. Dabei «haben wir im Moment noch wenig Probleme», sagt er – deshalb, weil der Uzwiler Mühlenbauer schon viel in diese Richtung tue. «In der Summe hilft uns das.» Auch für Ivo Riedi ist der Erfolg des Mint-Projekts kurzfristig noch nicht abschätzbar. Wie Bühler unternehme die SFS viel, um potenzielle Berufsleute zu erreichen – von neuen Schnupperlehren bis zu Projekten mit der NTB Buchs. «Wir hoffen, dass wir mit all diesen Massnahmen das Ziel erreichen», sagt Riedi. Immerhin: In diesem Jahr konnte die SFS alle ihre Polymechaniker-Lehrstellen besetzen – und auch für 2014 sind schon alle Stellen besetzt.

Mit SFS und Bühler, sowie Hilti und Geberit sind vier grosse Industriebetriebe beim Mint-Projekt beteiligt. Doch die Grösse spiele für die Teilnahme keine Rolle. «Wir wollten aber für das dreijährige Pilotprojekt nicht gleich mit zehn oder mehr Firmen anfangen», sagt Titus Guldimann. «Es ist aber unser Ziel, später auch KMU aufzunehmen.» Guldimann hofft, aus dem Projekt auch Erkenntnisse für die Ausbildung der Lehrpersonen zu erhalten, gerade über die Vermittlung von technischen und naturwissenschaftlichen Fächern. Nicht nur auf der Oberstufe, sagt Guldimann. «Langfristig muss man sich auch überlegen, wie man Primarlehrpersonen technisch qualifiziert.»