Raiffeisen-Affäre In der Affäre um Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz hat Bank-Präsident Johannes Rüegg-Stürm in einem Zeitungsinterview das gegenwärtige Management mit CEO Patrik Gisel in Schutz genommen. Die möglichen illegalen Machenschaften seien für dieses nicht erkennbar gewesen.
«Wenn Sie falsche Angaben erhalten oder Ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden, können Sie sich kein korrektes Bild verschaffen», sagte Rüegg-Stürm in einem Interview mit der NZZ am Sonntag. Vincenz habe gegenüber dem Management relevante Sachverhalte nicht offengelegt. Dieser habe eine private Beteiligung an der später übernommenen Beratungs- und Investmentgesellschaft Investnet kaschiert.
Der Raiffeisen-Präsident bestritt, dass der Verwaltungsrat zu wenig genau hingeschaut habe. Als vor rund zwei Jahren erste Verdachtsmomente laut wurden, habe die Bank «sehr früh» einen internen Check eingeleitet, sagte Rüegg-Stürm. Dabei seien die gesamte rechtliche Konstruktion, die sichtbaren Verflechtungen und mögliche Interessenkonflikte abgeklärt worden. Erst mit der Eröffnung der Strafuntersuchung seien für den Verwaltungsrat Verdachtsmomente sichtbar geworden, betont der Präsident. Eine Strafverfolgungsbehörde habe ganz andere Mittel, um einen Sachverhalt zu klären. Die zutage getretene Entwicklung habe ihn «völlig überrascht und schockiert».
Allerdings räumt der Verwaltungsratspräsident auch Fehler ein. Die Einsetzung von Vincenz’ Ehefrau als Leiterin der Rechtsabteilung der Bank sei eine «unglückliche Konstellation» gewesen. «Mit dem Wissen von heute würde ich dies selbstverständlich anders handhaben.» Der Verwaltungsrat will an Gisel als CEO festhalten, obschon dieser zeitweise Präsident jener Beratungsgesellschaft war, die nun Gegenstand der Strafuntersuchung ist. Gisel führe die Raiffeisen-Gruppe sehr erfolgreich, sagte Rüegg-Stürm. Gisel geniesse denn auch die vollumfängliche Unterstützung des Verwaltungsrats. Bei der Bank kommt es zu personellen Veränderungen. Neun der zwölf VR-Mitglieder scheiden bis 2020 aus. Rüegg-Stürm will zwei weitere Jahre als Präsident antreten. Der HSG-Professor präsidiert den Verwaltungsrat im 50-Prozent-Pensum seit 2011.
Der frühere Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz sitzt in Untersuchungshaft. Die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher ungetreuer Geschäftsbesorgung. Vincenz soll bei Firmenübernahmen der Kreditkartengesellschaft Aduno und der Investmentgesellschaft Investnet persönlich abkassiert haben. (sda)