Die Pharmaindustrie ist in Bewegung. Nach dem Spartentausch von Novartis und Glaxo Smith Kline wehrt sich Botox-Hersteller Allergan gegen eine feindliche Übernahme. Weitere Deals könnten folgen.
BOSTON. Die Verantwortlichen beim Botox-Hersteller Allergan haben Sorgenfalten bekommen. Denn der umtriebige Investor William Ackman hat sich mit dem Pharmahersteller Valeant zusammengetan, um Allergan in einer feindlichen Übernahme in die Hand zu bekommen.
Ackman gilt als einer der aggressivsten Investoren an der Wall Street. Wie er am Dienstag publik machte, hat er in den letzten beiden Monaten rund 10% des südkalifornischen Pharmaherstellers Allergan zusammenbekommen. Das Paket ist etwa 4 Mrd. $ wert. Jetzt hat Ackman, zusammen mit der kanadischen Firma Valeant, Allergan ein Übernahmeangebot in Höhe von 45,6 Mrd. $ vorgelegt. Diese Allianz hat an der Wall Street erstaunt. Denn direkte Kaufangebote ist man von Ackman nicht gewohnt. Normalerweise kauft er Anteile einer Firma und steuert diese über einen Sitz im Verwaltungsrat so, dass er möglichst viel Gewinn macht.
Händler sagten, sie seien nicht überrascht, dass Valeant wachsen wolle. Der Pharmakonzern hatte schon vergangenes Jahr die auf den Augensektor spezialisierte Firma Bausch & Lomb für 8,7 Mrd. $ gekauft. Auch hatte Valeant Allergan zunächst angeboten, über einen Verkauf zu verhandeln. Allergan habe aber abgelehnt. Deshalb habe Valeant den Weg zur feindlichen Übernahme eingeschlagen. «Wir hätten es vorgezogen, über diese Transaktion vertrauensvoll zu verhandeln. Aber weil Allergan 18 Monate lang nicht bereit war, sich unsere Offerten anzuhören, haben wir uns entschlossen, den Aktionären von Allergan direkt dieses Angebot zu unterbreiten», teilte Valeant mit.
Das ist kein Einzelfall. Die Pharmaindustrie erlebt derzeit eine Kauf- und Fusionswelle. Die Pharmafirmen suchen nach Wegen, effizienter zu werden. Denn Medikamente werden günstiger, Krankenkassen drücken ihre Kosten, aber Forschung und Entwicklung bleiben teuer, und die Aktionäre verlangen Wachstum. Am Dienstag hatten auch Novartis und die britische Glaxo Smith Kline (GSK) einen Tausch einzelner Sparten bekanntgegeben. Auch GSK-Chef Andrew Witty begründete das Geschäft mit Novartis mit einem Zwang zur Grösse in ausgewählten Geschäftsfeldern. Laut der Nachrichtenagentur Reuters haben Pharmaunternehmen im vergangenen Jahr Firmenkäufe und Fusionen mit einem Volumen von 100 Mrd. $ vollzogen. Nur in der Technologiebranche geht es derzeit ebenso heiss her, wo die Giganten Google, Apple und Facebook ständig kleinere innovative Firmen aufkaufen.
Die Welle könnte weitergehen. Jüngere Berichte besagen, dass der US-Pharmakonzern Pfizer dem schwedischen Rivalen Astra Zeneca ein Kaufangebot über 100 Mrd. $ vorgelegt habe. Astra Zeneca soll abgelehnt haben. Aber Investoren vom Schlage eines Ackman werden darauf drängen, dass solche Mega-Offerten ernst genommen werden.