Wenige Wochen ist Bayer-Chef Werner Baumann im Amt, da kündigt er mit den Monsanto-Plänen bereits eine Grossübernahme an. Wie die Bayer-Aktionäre dies aufnehmen, hängt auch vom zu zahlenden Preis ab. Viel höher als jetzt sollte der Kaufpreis nicht liegen.
LEVERKUSEN. Einen solchen Einstand hat kaum noch ein neuer Chef eines deutschen Dax-Konzerns hingelegt. Erst seit dem 1. Mai ist Werner Baumann neuer Vorstandsvorsitzender des Agrar- und Chemieriesen Bayer, der nicht nur in Deutschland vor allem mit dem legendären, vor mehr als einhundert Jahren geschaffenen Aspirin verbunden wird. Ein paar Tage nach seinem Einstand plauderte Baumann mit Journalisten und erklärte, es werde unter seiner Führung zwar Veränderungen geben, aber «nichts Revolutionäres».
Gestern jedoch liess das 1863 gegründete Traditionsunternehmen Bayer, mit Stammsitz in Leverkusen und weltweit 116 800 Mitarbeitern, mit einem Paukenschlag aufhorchen: Es will den US-Saatgutriesen Monsanto für 62 Mrd. $ übernehmen und veröffentlichte ein entsprechendes Angebot.
Im Einzelnen soll pro Monsanto-Aktie 122 $ gezahlt werden. Das entspricht einem Aufschlag von 37% auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie von vor zwei Wochen. Der Deal soll durch eine Kombination aus Fremd- und Eigenkapital finanziert werden, wobei der Eigenkapitalanteil voraussichtlich rund 25% des der Transaktion zugrunde liegenden Unternehmenswerts abdecken soll, vornehmlich durch eine Bezugsrechts-Kapitalerhöhung.
Die Übernahme biete für Bayer eine überzeugende Gelegenheit, «ein weltweit führendes Unternehmen für Saatgut, Pflanzeneigenschaften und Pflanzenschutz zu schaffen», teilte das Unternehmen mit. Doch die geplante Mega-Übernahme stösst bei den Investoren auf nicht so grosse Begeisterung wie in der Chefetage. Schon in der Vorwoche, als Bayer bekannt gegeben hatte, mit Monsanto über einen Kauf zu sprechen, gaben die Aktien nach. Gestern, als die offizielle Mitteilung erfolgte, verloren sie um knapp 3%.
«Strategisch ist die Übernahme von Monsanto sinnvoll, jedoch nicht zu jedem Preis», sagt Fondsmanager Markus Manns von Union Investment, dem zwölftgrössten Aktionär von Bayer. Der Kaufpreis rechne sich gerade so. «Sollte er jedoch weiter steigen, wovon auszugehen ist, wird die Übernahme immer unattraktiver.»
Auch ethisch hat möglicherweise so mancher Aktionär Bedenken. Denn wenn Bayer den Abschluss schafft, kauft es ein US-Unternehmen mit äusserst schlechtem Ruf (siehe auch oberer Text). Das 1921 gegründete Unternehmen geriet immer wieder in so negative Schlagzeilen, dass es gelegentlich als «meistgehasstes Unternehmen der Welt» bezeichnet wird. Umstritten ist in Europa vor allem das genmanipulierte Saatgut für Mais. «MON 810» ist schon im Labor gegen den Maiszünsler – eine Schmetterlingsart – resistent gemacht worden, die Landwirte müssen diesen nicht mehr mit Gift bekämpfen. In Deutschland ist die Aussaat seit 2009 verboten. Monsanto stellt auch den Unkrautvernichter Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat her. Dieser steht im Verdacht, beim Menschen krebserregend zu wirken; in der EU wird im Moment über eine erneute Zulassung gestritten.
Bayer will mit dem Einstieg künftig ganz vorne auf dem Feld der Saatgut- und Pflanzenschutzmittel mitspielen. «Wir sind seit langem von Monsanto beeindruckt», sagt Baumann. Sollte Bayer den Deal stemmen, wäre dies die grösste Übernahme im Ausland – sie läge noch vor dem Kauf des US-Autobauers Chrysler durch Daimler Benz im Jahr 1998.