Ostern
Schweizer essen immer weniger Schokolade: Pfeifen wir auf unsere nationale Spezialität?

Trotz Corona sinkt die Lust auf Schokolade. Im Export läuft es auch nicht besser. Ostern soll jetzt das Geschäft retten.

Gabriela Jordan
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Osterhasen von der Confiserie Honold in Küsnacht im Kanton Zürich.

Osterhasen von der Confiserie Honold in Küsnacht im Kanton Zürich.

Christian Beutler / KEYSTONE

Krisenzeit ist Schokoladenzeit? Eigentlich müssten die Menschen unter den aktuellen Umständen besonders viel Schokolade essen. Seit einem Jahr drückt die Coronapandemie aufs Gemüt. Schokolade könnte Abhilfe schaffen und die Volksheiterkeit wiederherstellen. Das Kakaoprodukt soll ja schliesslich glücklich machen, es beinhaltet das Glückshormon Serotonin, das einen positiven Einfluss auf die Stimmung haben kann.

Doch das Gegenteil ist der Fall! Im Coronajahr haben Schweizerinnen und Schweizer weniger Schokolade konsumiert. Deutlich weniger. Der Pro-Kopf-Schokoladenkonsum fiel mit 9,9 Kilogramm das erste Mal seit 1982 unter 10 Kilogramm (siehe Grafik unten). Damit haben Schweizerinnen und Schweizer 2020 so wenig Schokolade gegessen wie seit vierzig Jahren nicht mehr. Der Rückgang der Vorjahre setzt sich somit weiter fort.

Pfeifen die Schweizerinnen und Schweizer auf ihre Nationalspezialität? Nicht unbedingt: Ein Hauptgrund für den Einbruch 2020 ist natürlich, dass das Geschäft mit internationalen Touristen fast brach lag. Eine Rolle spielten auch die geschlossenen Restaurants, Hotels und Cafés sowie die tiefere Mobilität. Laut dem Branchenverband Chocosuisse ging der Konsum von unterwegs stark zurück. Doch der Konsum sinkt eben nicht erst seit letzten Jahr – zuckerhaltige Lebensmittel haben einen immer schwereren Stand.

Was Ernährungsberater und Gesundheitsdirektorinnen freuen dürfte, macht der Branche zu schaffen. Sie hofft jetzt deshalb auf ein besseres Jahr – und kurzfristig vor allem auf ein gutes Ostergeschäft. Das letztjährige fiel wegen des Lockdowns praktisch aus: Alle Menschen waren angehalten, zu Hause zu bleiben und niemanden zu treffen. Auch die traditionelle Osternest-Suche fiel bei den Familien daher magerer aus. «Ob das Ostergeschäft dieses Jahr besser wird, ist schwierig zu sagen. Wir hoffen natürlich das Beste», sagt Urs Furrer, Geschäftsführer von Chocosuisse.

Detailhändler bestellten zunächst weniger Osterhasen

In Supermärkten werden Schoggihasen und Schoggieier immerhin schon seit Wochen in Massen angeboten – so scheint es zumindest aus Konsumentensicht. Schokoladenproduzenten erleben es nämlich anders: «Weil Detailhändler nicht wussten, wie das Ostergeschäft dieses Jahr wird, haben sie zuerst eher zurückhaltend Hasen von uns bestellt», sagt Monica Müller, Geschäftsleiterin der Chocolat Bernrain mit Sitz in Kreuzlingen TG.

Inzwischen hätten die meisten nachbestellt, Bernrain konnte weitere Mengen produzieren und nachliefern. «Was unsere Hasen betrifft, ist es jetzt wie ein normales Ostergeschäft», freut sich Müller. Möglicherweise hat ja das frühlingshafte Wetter damit zu tun: Nach dem tristen Coronawinter lassen sich viele Konsumenten vielleicht noch so gerne zum Kauf eines Schoggihasen zu Ostern verleiten.

Schweiz fällt weiter hinter Meister-Exporteur Belgien zurück

Wichtiger als der Inlandabsatz ist jedoch der Export, sowohl für den Ostschweizer Betrieb Bernrain, als auch für praktisch alle anderen Produzenten. 70 Prozent der in der Schweiz hergestellten Schokolade wird im Ausland verkauft. Im Export läuft es aber besonders harzig: Im Jahr 2020 wurden 126'000 Tonnen Schweizer Schokolade und somit 11,5 Prozent weniger als im Vorjahr exportiert. Der damit generierte Umsatz sank laut Chocosuisse um 13,9 Prozent.

Wie Geschäftsführer Urs Furrer sagt, bleibt die Situation auch im neuen Jahr «herausfordernd». Im Januar beispielsweise ging die Exportmenge gegenüber dem Vorjahr um 15,3 Prozent zurück. Mit dem Exporteinbruch 2020 vergrössert sich die Distanz zum Meister-Exporteur Belgien – dieser büsste im Coronajahr «lediglich» einen Absatzrückgang von 8 Prozent ein.

Entgegen der gängigen Meinung wird im Ausland nicht am meisten Schokolade aus der Schweiz sondern aus Belgien gegessen. Die dortige Industrie hat es in den letzten zwanzig Jahren geschafft, viel stärker als diejenige in der Schweiz zu wachsen. Bis zur Jahrtausendwende war die Schweiz Belgien noch dicht auf den Fersen. Danach steigerte Belgien den Export aber von gut 100'000 auf über 250'000 Tonnen, während die Schweizer Exporte bloss von gut 50'000 Tonnen auf über 100'000 Tonnen stiegen.

Wegen der Pandemie ist die aktuelle Lage aber für alle Länder und Marktakteure schwierig. So auch für den Ostschweizer Hersteller Bernrain, der ebenfalls Einbussen im Exportgeschäft hinnehmen muss. Laut Monica Müller sei dies weniger vom jeweiligen Land, sondern vom Verkaufskanal abhängig. «Der Detailhandel läuft eigentlich überall gut, der Tourismussektor ist jedoch wie in der Schweiz auf einem sehr tiefen Niveau.»