Missbrauch bei Sport am TV

Der harte Schweizer Fussball- oder Eishockeyfan kommt bei Live-Sport am Fernsehen um Swisscom TV kaum herum. Das findet die Wettbewerbskommission problematisch, zumal auch immer mehr Kunden alles aus einer Hand wollen.

Thomas Griesser Kym
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BERN. Für mindestens 140 Mio. Fr. hat die Kino- und Bezahl-TV-Gruppe CT Cinetrade 2012 unter anderem die Übertragungs- und Vermarktungsrechte der beiden obersten Schweizer Fussballligen erworben. Auch die Rechte der Schweizer Eishockeymeisterschaft liegen bei der Swisscom-Tochter. Das Nachsehen hatten Kabelnetzbetreiber wie etwa UPC Cablecom, die gemeinsam mit der SRG ebenfalls in der Auktion mitgeboten hatten. Die Rechte gehören bis 2017 der Swisscom. Für Fussball- und Eishockeyfans ist Swisscom TV die einzige Möglichkeit, um alle Spiele live zu schauen.

Busse halbiert

Diese Konstellation hat die Wettbewerbskommission (Weko) auf den Plan gerufen, die im April 2013 eine Untersuchung gestartet hat. Vergangenen Juli beantragte dann das Weko-Sekretariat, die Weko solle gegen Swisscom eine Busse über 143 Mio. Fr. verhängen. Dies wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung der Swisscom-Töchter CT Cinetrade und Teleclub bei Live-Übertragungen von Spielen der Schweizer Fussball- und Eishockeymeisterschaft sowie mehrerer ausländischer Fussballmeisterschaften (Bundesliga, Serie A, Primera División sowie Copa del Rey) im Bezahl-Fernsehen. Gestern hat die Weko diesen Befund bestätigt und büsst Swisscom, allerdings mit einem auf 71,8 Mio. Fr. halbierten Betrag. Swisscom weist die Vorwürfe nach wie vor zurück, die Konkurrenz zeigt sich zumindest teils zufrieden (siehe Text unten).

Geringeres Angebot, aber teurer

Laut Weko hat Swisscom die «Marktbeherrschung in den genannten Märkten in mehrfacher Hinsicht missbraucht», wobei die Weko das Verhalten «insgesamt als mittelschweren Verstoss» betrachtet.

• Erstens hat Swisscom Konkurrenten wie Sunrise TV oder gewissen Kabelnetzbetreibern wie UPC Cablecom lediglich Zugang zu einem reduzierten Sportangebot gewährt, und dies zu einem höheren Preis als für ihre Swisscom-TV-Kunden. Zugleich können die Konkurrenten ihren Kunden das Teleclub-Sportpaket im Abonnement (Pay-per-Channel) nur zusammen mit einem Teleclub-Basispaket, das vor allem Spielfilme umfasst, bereit stellen. Dagegen kann Swisscom ihren TV-Kunden neben dem vollen Sportangebot auch einzelne Spiele (Pay-per-View) bieten, ohne dass die Kunden ein Teleclub-Abo abschliessen müssen. Beide Praktiken sind laut Weko wettbewerbsbehindernd und eine Diskriminierung gemäss Kartellgesetz Art. 7 Abs. 2 Bst. b.

• Zweitens haben Swisscom respektive Teleclub anderen Kabelnetzbetreibern sowie IPTV-Anbietern die Geschäftsbeziehung «gänzlich verweigert», in ungerechtfertigter Weise gemäss Kartellgesetz Art. 7 Abs. 2 Bst. a. Bei IPTV werden die Informationen statt über Kabel oder Satellit übers Internet geleitet. Beispiele sind Zattoo, Wilmaa oder Nello.

• Drittens hat Swisscom gegenüber zwei Konkurrenten «unangemessene Geschäftsbedingungen in Form einer Vertragsklausel erzwungen». Nähere Angaben hierzu macht die Weko aus Gründen des Geschäftsgeheimnisses nicht.

Swisscom gibt nicht klein bei

Problematisch ist das Ganze laut Weko, weil es für TV-Zuschauer, die das vollständige Teleclub-Sportangebot beziehen wollen, «unabdingbar ist, Swisscom TV als Plattform zu wählen». Verschärft werde die Problematik dadurch, dass sich die Endkunden zunehmend für ein Angebot aus einer Hand interessieren, also Fernsehen, Breitbandinternet, Festnetztelefonie und vermehrt auch Mobilfunk von ein und demselben Anbieter wollen. Entsprechend könnten wegen der Konstellation im Sport-Bezahl-TV deswegen nicht nur TV-Sportfans, sondern auch Internet- oder Telefonkunden zu Swisscom wechseln.

Der Entscheid der Weko kann an das Bundesverwaltungsgericht und letztinstanzlich an das Bundesgericht weitergezogen werden. Swisscom hat gestern umgehend angekündigt, dies zu tun.