Köche stehen zwar nach wie vor am Herd, aber lange nicht mehr so häufig wie einst. Sie lassen sich am TV feiern, verdienen mit Feinkost-Saucen Geld oder bauen Burger für Fastfood-Ketten. Das Geschäft abseits des Herdes.
Im eigenen Restaurant am Herd und doch auch vor der Fernsehkamera stehen: Das gelingt dem Interlaker René Schudel. An drei von fünf Öffnungstagen kocht er im «Benacus», die restlichen Tage der Woche investiert er in sein TV-Projekt. «Flavorites» heisst die 10-Minuten-Sendung, die der Privatsender Pro 7 Schweiz wöchentlich ausstrahlt. Nebst Schudels kreativen Kreationen – etwa Speck überbacken mit einer Rhabarber-Barbecue-Sauce – fallen sein Tattoo und die Tatsachen auf, dass er keine Schürze trägt, auf einer Veranda kocht, gestapelte Gartenstühle als Abstellfläche benützt. Und die Werbe-Einblender: Clausthaler und Lidl Schweiz, zu Beginn, zum Ende. «Ohne Sponsoren geht im Bereich des Privatfernsehens nichts. Ich kann hinter allen Firmen stehen, die meine Projekte unterstützen», sagt Schudel.
2008 war er erstmals am TV zu sehen. Damals noch in seiner ersten Kochsendung, dem «Funky Kitchen Club». Geplant sei diese Karriere nicht gewesen, sie habe sich zufällig ergeben. Im Jahr 2000, damals noch angestellt, denkt sich Schudel, «diese Küchengeschichte mal entspannter zu gestalten». Fortan bittet er die Gäste an besonderen Abenden nicht mehr durch den Eingang ins Lokal, sondern durch die Hintertüre, den Lieferanteneingang. Sie spazieren durch die Küche, schauen der Crew bei der Arbeit zu. Später lässt Schudel You-Tube-Videos von diesen Abenden drehen. Als der «Art Director» die Aufnahmen in der Agentur verarbeitet, taucht dort ein anderer Kunde auf – ein Mitarbeiter von Pro 7 Schweiz. Er sieht Schudel, hat Interesse an ihm und dessen Handwerk. Erste Gespräche, die Chemie stimmt. «Der Rest hat sich von alleine ergeben.» Viel Geld, sagt Schudel, bringe ihm sein TV-Engagement nicht ein. «Doch was dank meiner Bekanntheit daraus resultiert, zahlt sich aus.» In seinem Restaurant in Interlaken speisen zu 50 Prozent Gäste aus der Region – und zu 50 Prozent solche, die den TV-Koch mal live erleben möchten. Sie kommen manchmal von weit her. Schudel muss dann Autogramme geben.
André Heiniger, Patron des Restaurants Ilge in Arnegg, macht kein Fernsehen, dafür Produkte, die Hobby-Köchen das Leben erleichtern: Saucen, Dressings, Suppen, Gewürze. Das Warenhaus Globus vertreibt die Artikel in edler Verpackung und unter der Marke «André Heiniger» in der Traiteur-Abteilung. In Metzgereien und Comestibles-Läden gehen die Artikel, deutlich weniger aufwendig verpackt und deshalb billiger, unter dem Namen «Best Chef» über die Theke. Den Vertrieb übernimmt in beiden Fällen die zürcherische Lachsräucherei Dyhrberg, bei der Heiniger seit langem Zutaten für sein Restaurant bezieht. «Mit meinem Lokal bediene ich lediglich einen regionalen Markt, mit meinen Produkten jedoch einen nationalen. Ich trage meinen Namen damit in die ganze Schweiz hinaus – gute Werbung.» So gut, dass deswegen auch Gäste aus Bern oder Basel in der «Ilge» kredenzen. Sie kennen Heinigers Namen von der Verpackung und kehren deshalb mit der Tochter ein, die in St. Gallen studiert und die sie besuchen.
Unterdessen macht der Produkteverkauf rund 40 Prozent von Heinigers Einnahmen aus, das Restaurant bringt 60 Prozent ein. Müsste sich der Patron für das eine oder andere entscheiden, so fiele die Wahl auf die Produkte. «Diese Arbeit ist stressfreier und planbarer.» (dbu)