Schöngefärbte Manager-Sprache auf dem Prüfstand. Diesmal: Wer
oder was genau ist der in der Geschäftswelt oft zitierte «Leader»?
Unter den meist englischen Sprüchen meist amerikanischer Management-Gurus gibt es gefühlt nach 999 Plattitüden (so von der Art: «Do the right thing!» – worauf Sie niemals von alleine gekommen wären ...) auch mal etwas Bedenkenswertes. Zum Beispiel: «Where there are leaders, there are followers. Why should they follow you?» Wo jemand führen will, muss jemand folgen. Warum sollte jemand Ihnen folgen? Daran ist zweierlei interessant.
Erstens: Entgegen dem, was in vielen Artikeln und Büchern (und im Kopf vieler Vorgesetzten) über Chefs gesagt und gedacht wird, bemisst es sich nicht an der Person einer Führungskraft, ob sie zum Leader taugt. Es bemisst sich an den Personen, die einer Führungskraft folgen – oder nicht folgen. Führungskräfte sollten sich vielleicht also nicht Mitarbeiter wünschen, sondern Followers. In Zeiten der Social Media ist das eh das Wichtigste. Mit-Arbeiter tönt ja ohnehin, als würde die Führungskraft das Wichtigste tun und alle andern bloss ein bisschen mithelfen. Wenn überhaupt, ist es wohl meist grad umgekehrt.
Zweitens: Followers folgen. Das bedeutet nicht gehorchen. Sondern: mitgehen auf einem Weg, weil man überzeugt ist, dass dieser Weg zielführend ist. Leader gehen einen solchen Weg voraus. Wie aber erkennt man, ob die Followers wirklich überzeugt sind oder ob sie eben doch lediglich gehorchen? Ganz einfach: Man nimmt den Führungskräften die hierarchische Weisungsbefugnis und schaut dann, wer ihnen überhaupt noch folgt. Warum auch immer! Die Gründe der Followers können von Fall zu Fall total unterschiedlich sein: fachliche Kompetenz, sachliche Argumente, persönlicher Charme, gewinnendes Charisma, tatkräftige Hilfe, weiterführende Fragen – ganz egal, was.
Es wird den Followers auch nicht immer klar sein, warum sie eigentlich Followers sind. Doch werden sie spüren, ob sie wirklich Followers sind. Überkleistert sollten die denkbaren Gründe dafür also nicht werden. Überkleistert durch die formelle Macht von Vorgesetzten in einer Hierarchie, die implizit immer bedeutet: «Und bist du nicht willig, so brauch’ ich Gewalt.» (Goethe). Denn es ist schwierig zu wissen, was man wirklich will, wenn man es ohnehin muss. Die hochgelobte Leadership ist jedenfalls nichts, was Sie «haben». Wenn überhaupt, dann wurde es Ihnen von Ihren Followers geliehen.
In «Böse Worte» spiesst der Zürcher Organisationspsychologe mit spitzer Feder zeitgeistige Begriffe aus der Managersprache auf. Im nächsten und letzten Beitrag folgt: Kultur.