Die Bahn ist für viele die letzte Möglichkeit, dem Krieg zu entfliehen. Auch Züge in die Schweiz füllen sich. Die SBB reagieren. Eine Airline bietet Gratis-Tickets an. Die Swiss will davon nichts wissen.
Die meisten Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten, nutzen die Bahn. Selbst aus Kiew fahren noch immer Züge in den Westen, nach Ungarn und teils bis nach Österreich. «Wir werden die Bahn betreiben, solange es nur geht», sagt Oleksandr Kamyshin, der Operationschef der ukrainischen Bahngesellschaft Ukrsalisnyzja der BBC.
Er ist mit Bodyguards unterwegs und bleibt nie zu lange an einem Ort, weil ihn russische Soldaten töten wollten. Schon 33 Mitarbeitende der Bahn seien ums Leben gekommen, sagt Kamyshin. «Jeden Tag attackieren sie unsere Bahnhöfe und Schienen.» Das Personal arbeite unter Lebensgefahr. Trotzdem habe die Bahn schon 2,5 Millionen Menschen in Sicherheit bringen können.
Viele von ihnen bleiben nach dem Grenzübertritt in den Nachbarländern. Einige steigen in Budapest oder Wien aber auch auf Züge in die Schweiz um. Bereits über 5000 Geflüchtete aus der Ukraine haben sich in der Schweiz registrieren lassen. Das bemerken auch die SBB.
Deshalb werden nun einige Züge verlängert. Wie Sprecherin Sabrina Schellenberg bestätigt, haben die SBB auf Anfrage von Partnerbahnen vier zusätzliche Wagen für den Nachtzug von Budapest nach Zürich und zwei für jenen von Berlin nach Zürich zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus haben die SBB den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) 10 Wagen zur Verfügung gestellt, die für den Transport von Geflüchteten aus Polen nach Wien eingesetzt werden. In der Schweiz und auch im grossen Rest Europas können Menschen aus der Ukraine kostenlos den öffentlichen Verkehr nutzen. «Das funktioniert sehr gut», sagte SBB-Chef Vincent Ducrot am Dienstag. Die SBB fahren auch eigene Güterzüge mit Hilfsgütern nach Polen.
Mit dem Flugzeug können Menschen hingegen nicht aus der Ukraine fliehen. Die Zivilluftfahrt im Land ist eingestellt. Einige Geflüchtete besteigen in einem Nachbarland der Ukraine aber ein Flugzeug, um ihre Reise fortzusetzen.
Unterstützung erhalten sie dabei von der ungarischen Billig-Airline Wizz Air. Diese bietet im März 100'000 kostenlose Sitze auf Flügen innerhalb Europas an, die aus Nachbarländern der Ukraine starten. Geflüchtete müssen bei der Buchung lediglich ihre ukrainische Pass- oder Ausweisnummer angeben und diese Dokumente beim Check-in vorlegen.
Wizz Air fliegt aus Polen, Ungarn und Rumänien regelmässig auch an den Basler Euroairport. Wie viele geflüchtete Menschen aus der Ukraine bisher auf Flügen nach Basel transportiert wurden, kann die Fluggesellschaft nicht beantworten.
Auch Easyjet fliegt von Krakau und Budapest nach Basel, die Swiss wiederum verbindet regelmässig Flughäfen in Rumänien, Ungarn und Polen mit dem Flughafen Zürich. Bei Easyjet heisst es, die Kapazität habe nicht erhöht werden müssen, aber man behalte die Situation im Auge.
Die Airline arbeite eng mit dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) zusammen und stelle Sitzplätze auf Flügen zur Verfügung, die von Geflüchteten genutzt werden könnten. Zudem sammle Easyjet an Bord der Flüge Spenden für das Kinderhilfswerk Unicef.
Der Flugverkehr ist für die geflüchteten Menschen weniger wichtig als die Bahn. Genau quantifizieren lässt sich das allerdings nicht, weil Personen mit ukrainischer Staatsbürgerschaft ohne Visum in die Schweiz einreisen können und auf Flügen innerhalb des Schengen-Raums keinen Pass zeigen müssen.
Beim Flughafen Zürich heisst es, vereinzelt kämen die Mitarbeitenden in Kontakt mit Personen aus der Ukraine. «Wenn sich diese an unsere Service- und Infoschalter wenden, helfen unsere Leute, wo sie können», sagt Sprecherin Bettina Kunz. Das gelte etwa für die Erledigung von Formalitäten.
Geflüchtete Menschen hätten die Möglichkeit, kostenfrei zu duschen und einen Essens- und Getränkegutschein zu beziehen. Der Flughafen arbeite eng zusammen mit der Flughafenseelsorge, die sich um die Erstbetreuung kümmere, wenn dies erforderlich sei.
Die Swiss verzeichnet für Flüge aus den ukrainischen Nachbarländern derzeit ebenfalls eine erhöhte Nachfrage. Sie plane, im Einzelfall grössere Flugzeuge etwa nach Warschau, Krakau, Budapest oder Bukarest einzusetzen und werde wenn nötig zusätzliche Flüge einplanen. Gratistickets für geflüchtete Menschen will die Swiss nicht anbieten, wie Sprecherin Meike Fuhlrott sagt. Ihre Frachtdivision sei aber in Austausch mit Hilfsorganisationen und dem Bund und biete ihre Unterstützung an.