Jugend und Technik
ICT Campus startet in St.Gallen – mit Rekordteilnahme

Im ICT Campus können technikbegeisterte Jugendliche an ihren eigenen Projekten tüfteln. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen an der Premiere waren Mädchen.

Kaspar Enz
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Die Mädchen sind an der Premiere des ICT Campus in St.Gallen in der Mehrzahl.

Die Mädchen sind an der Premiere des ICT Campus in St.Gallen in der Mehrzahl.

Bild: Ralph Ribi

«Start» steht auf dem Schacht, auf zwei Seiten steckt ein Stück Alufolie drin. Ein Mädchen hält eine mit noch mehr Alu verkleidete Murmel zwischen die Folien. Die sind mit einer Schalttafel verbunden, diese wiederum mit einem Computer. «4,3,2,1» tönt der Countdown. «Das haben wir selber aufgenommen». Sie lässt die Kugel los, die rollt der Chügelibahn aus Karton entlang um eine Kurve nach unten, dort warten wieder zwei Kontakte. Trifft die Kugel, ertönt Jubel. Wenn's denn klappt, noch rast sie übers Ziel hinaus. Nun sind noch einmal Bastelfähigkeiten gefragt.

Es ist der erste Tag des ICT Campus in St.Gallen. Um die 30 Siebtklässlerinnen und Siebtklässler basteln Chügelibahnen, bauen Kontakte ein und programmieren mittels einem einfachen Programm Effekte auf dem Computer. Viele werden wieder kommen, alle zwei Wochen, um weiter zu tüfteln. Rund 60 Prozent bleiben, so der Erfahrungswert in den bestehenden Campus, bis ans Ende der obligatorischen Schulzeit. «Wir müssen kaum je jemanden wegschicken. Diejenigen, die die Motivation haben, weiter zu machen, sind meist auch die richtigen», sagt ICT-Scouts-Sprecher Dominik Strobel.

An Projekten arbeiten, Robotik, Technik, Informatik. Selbst welche entwickeln. So entsteht ein Ausweis, der künftigen Lehrbetrieben in der Informatik und technischen Branchen zeigt, was die Schulabgänger drauf haben.

Bild: Ralph Ribi

Rekordteilnahme an der Premiere

Es ist schon der fünfte ICT Campus, der in der Schweiz eröffnet wurde. 2016 startete der erste in Muttenz bei Basel. Es folgten Zürich und Bern. Im Oktober eröffnete Lenzburg, heute begann das Programm in St.Gallen. Mit einer Rekordzahl an Teilnehmer «Normalerweise starten wir mit etwa zehn Talenten», sagt Sprecher Dominik Strobel. Für die Eröffnung in St.Gallen wurden 57 eingeladen, rund 30 erschienen an der Eröffnung. Normalerweise nehmen etwa 80 Prozent die Einladung an, dass etwas weniger kommen, könnte an Corona liegenst, gibt Cornelia Gut zu bedenken. Sie leitet das Smartfeld, Teil des Innovationszentrums Startfeld in St.Gallen, wo der ICT Campus eine Heimat gefunden hat.

Trotzdem ein Rekord. Die Scouts seien von den Ostschweizer Schulen unkompliziert und mit offenen Armen empfangen worden. «Das hat uns überrascht. Die Resonanz ist nicht immer so gut.» So waren die Talentsucher des ICT Campus bereits in vielen Schulen unterwegs. Bis Ende Jahr stehen weitere Klassen auf der Agenda.

Die Scouts gehen jeweils zu zweit in Schulklassen. Die Siebtklässler sollen ein Spiel programmieren. Dabei gehe es weniger um das Ergebnis, als darum, Forschergeist zu wecken und zu entdecken. Dabei scouten sie auf allen Schulstufen. Und während viele Projekte, die Kinder für technische Berufe begeistern wollen, vor allem Knaben finden: Knapp die Hälfte der Talente, die in den ICT Campus ihren Projekten nachgehen, sind Mädchen. Am ersten Tag in St.Gallen stellten sie sogar eine knappe Mehrheit. «Wir finden sie, in dem wir nicht nach ihnen suchen», sagt Strobel – jedenfalls nicht gezielt.

Die Projekte, an denen die Schülerinnen und Schüler im ICT Campus selbständig arbeiten, vereinfachten den potenziellen Ausbildungsbetrieben die Lehrlingssuche, ist Strobel überzeugt. So könne man Stärken und Interessen besser erkennen als mit herkömmlichen Methoden. Einige Unternehmen aus dem Informatik-Bereich hätten bereits zugesagt, den St.Galler Campus als Mitglieder zu unterstützen. Wichtig seien diese nicht nur als Lehrmeister – der Campus soll zu einem guten Teil privat finanziert werden.

Teil der IT-Bildungsoffensive

Mit dem Startfeld und dem Verein IT rockt! hat der ICT Campus lokale Partner, die gut mit der Wirtschaft vernetzt sind. Doch auch Verwaltung und Politik schauen wohlwollend auf das neue Angebot im Smartfeld. So sandten die Nationalrätin Franziska Ryser und der Leiter der Dienststelle Schule der Stadt St.Gallen ihre Grüsse – per Video, was in Coronazeiten kaum noch überrascht.

Regierungsrat Stefan Kölliker schaut einem Team bei der Arbeit zu.

Regierungsrat Stefan Kölliker schaut einem Team bei der Arbeit zu.

Bild: Ralph Ribi

Regierungsrat Stefan Kölliker nahm am Samstag selbst einen Augenschein. Für ihn als Erziehungsdirektor sei der Campus ein Baustein der IT-Bildungsoffensive. Er schaut interessiert auf die Experimente der Jugendlichen. Für ihn selber wäre das damals aber wohl nichts gewesen sagt er. «Die Kompetenzen, die hier gefragt sind, gingen mir ab. Aber wenn mein Sohn ein Jahr jünger wäre, wäre er hier am richtigen Ort.»

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