HIGHTECH: «Viele klemmen eine Idee zu früh ab»

Innovation muss im eigenen Unternehmen geboren werden: Das sagt Stephan Wartmann, Chef der Brugg-Seiltechnik-Gruppe und Referent gestern am Thurgauer Technologietag in Märstetten.

Martin Sinzig
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Stahldrahtnetze der Firma Geobrugg zum Schutz vor Steinschlag oberhalb des Trassees der Rhätischen Bahn bei Sils im Domleschg. (Bilder: PD)

Stahldrahtnetze der Firma Geobrugg zum Schutz vor Steinschlag oberhalb des Trassees der Rhätischen Bahn bei Sils im Domleschg. (Bilder: PD)

«Wenn ich ständig neue Ideen umsetze, neue Kunden gewinne und neue Märkte erobern kann, dann habe ich kaum ein Problem mit Umsätzen, Kosten oder Gewinnzahlen. Innovation ist deshalb die erste Stufe des Krisenmanagements.» Davon zeigt sich Stephan Wartmann überzeugt. Er schilderte am 17. Thurgauer Technologietag, wie neue Werkstoffe und Werkstoffkombinationen den unternehmerischen Erfolg begründen.

Stephan Wartmann, das Seil ist erfunden, was gibt es da noch zu innovieren?

Ich kann das am Beispiel der Firma Fatzer illustrieren, die im Seilbahnbau weltweit führend ist. Unsere Kunden wollen höhere Leistungskapazitäten, schnellere Bahnen, kleinere Infrastrukturen und mehr Fahrkomfort. Dem passen wir uns an. Auf techno­logischer Ebene erforschen wir neue Chancen mit Kunststoffen. Das erfordert Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen, aber auch Partner wie Hochschulen, und man muss das Ganze testen können. So gelingt es, Produkte zu entwickeln, welche die Kundenprozesse einfacher machen.

Wie gestalten Sie den Innovationsprozess?

Die Basis für unsere Innovation sind die eigenen Mitarbeitenden, die Kunden und die Nichtkunden. Nur das, was wir selber erarbeiten, ist in den Köpfen. Wir beschäftigen deshalb kaum externe Berater, sondern sorgen dafür, dass die Neuheiten in unserem Haus geboren werden.

Was heisst das konkret?

Wir beginnen mit einem grossen Fächer. Es ist eine Art Wunschliste oder ein Ideenspeicher, zu dem jeder Mitarbeitende etwas beitragen kann. Diese Ideen sortieren wir alle 12 bis 18 Monate und fragen uns, welche Ideen am nächsten am Markt und an den Kundenbedürfnissen sind. Erst nach diesem Filter geht es weiter in die Forschungs- und Entwicklungsphase. Dabei überlassen wir nicht alles den Ingenieuren, sondern führen interdisziplinäre Review-Sitzungen durch. So können wir zusammen in einer frühen Phase aufs Endprodukt oder auf die Systemlösung hinarbeiten.

Welches sind die grössten Fehler, die kleine und mittlere Unternehmen im Innovationsmanagement begehen?

Wichtig ist, den Fächer weit zu öffnen. Viele klemmen eine Idee oder eine Stossrichtung zu früh ab. Offen sein heisst, die Zusammenarbeit mit Hochschulen und Fachhochschulen zu suchen und an Messen zu beobachten, was Konkurrenten und Lieferanten zeigen. Ein weiterer Fehler ist, sich zu früh in die Entwicklungsarbeit zu stürzen, ohne die Ideen zu filtern. Oft beobachte ich auch, dass Aufgabenstellungen zu wenig auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt werden. Wenn man ein Projekt nochmals überarbeiten muss, wird es teuer, und man verliert Tempo am Markt.

Interview: Martin Sinzig