Griesser nimmt viel Geld in die Hand: «Wir müssen investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben»

Schutz vor Sonne und Wetter ist mehr als Schirme und Storen. Das zeigt die Griesser-Gruppe, die an ihrem Hauptsitz in Aadorf die Produktion ausbaut und effizienter macht. 17 Millionen Franken werden investiert. Und das ist längst nicht das Ende.

Thomas Griesser Kym
Drucken
Legen den Grundstein für den Neubau der Griesser AG in Aadorf: Firmenchef Urs Neuhauser (links) und Verwaltungsratspräsident und Miteigentümer Walter Strässle.

Legen den Grundstein für den Neubau der Griesser AG in Aadorf: Firmenchef Urs Neuhauser (links) und Verwaltungsratspräsident und Miteigentümer Walter Strässle.

Bild: Reto Martin

1882, vor 138 Jahren, ist die Firma Griesser in Aadorf gegründet wurden. Und ist noch immer im Familienbesitz und hat immer wieder ausgebaut und erweitert. So auch jetzt: Auf dem Firmenareal ist eine alte Halle abgerissen worden. An ihrer Stelle wird eine neue gebaut, in der eine neue Pulverbeschichtungsanlage installiert wird. Eine andere Halle wird erweitert, um mehr Lagerfläche zu schaffen.

Insgesamt investiert Griesser, ein führendes Unternehmen in Europa für Sonnen- und Wetterschutz von Fenstern und Terrassen, 17 Millionen Franken. Diese Summe nennt Urs Neuhauser, der im Mai 2019 Walter Strässle als operativer Chef abgelöst hatte. Strässle als Vertreter der Mehrheitseigentümerfamilie ist nun Verwaltungsratspräsident, nachdem er zuvor 28 Jahre lang CEO war.

Visualisierung des Neubaus (farbig) auf dem Areal der Griesser AG.

Visualisierung des Neubaus (farbig) auf dem Areal der Griesser AG.

Bild: PD

Investitionen sind ein Muss

Die Investition teilt sich in 12 Millionen Franken für die Hallen, 3 Millionen für die Beschichtungsanlage und 4 Millionen für den Hochwasser- und Gewässerschutz. Dieser ist nötig, weil unter dem Areal die Lützelmurg durchfliesst und teilweise freigelegt worden ist. An der Grundsteinlegung am Mittwoch betonte Neuhauser, wie wichtig das Bauvorhaben ist:

«Wir müssen investieren, um wettbewerbsfähig bleiben und die Produktivität weiter steigern zu können.»

In der Tat werden in der neuen Halle Staplerfahrten und andere manuelle Eingriffe entfallen, der Materialfluss läuft U-förmig schneller durch das Werk. Und die neue Beschichtungsanlage mit zwei Pulverlinien ist flexibler und produktiver als die alte.

Regierungsrätin Carmen Haag: «Positives Zeichen für Werkplatz Ostschweiz»

Griesser hat auch Werke in Österreich und Frankreich. Neuhauser sagt aber: «Die Schweiz ist der wichtigste Ort für uns.» Und:

«Wir glauben an den hiesigen industriellen Produktionsstandort.»

In Aadorf arbeiten 400 der 800 Beschäftigten in der Schweiz, im Ausland hat Griesser weitere 500 Mitarbeitende.

Die Thurgauer Regierungsrätin Carmen Haag nennt die Investition «ein positives Zeichen».

Die Thurgauer Regierungsrätin Carmen Haag nennt die Investition «ein positives Zeichen».

Bild: Reto Martin

Die Thurgauer Regierungsrätin Carmen Haag sprach am Anlass von einem «positiven Zeichen und einer wichtigen Botschaft für den Werkplatz Ostschweiz und den Kanton Thurgau». Sie äusserte die Hoffnung, dass gerade jetzt, in der Coronazeit, wo die Leute mehr zu Hause sind und diesem mehr Aufmerksamkeit schenken, dies Griesser mit seinem Sonnen- und Wetterschutz zum Vorteil gereiche.

Im Norden läuft's rund, im Süden holpert's

Urs Neuhauser sagt über den Geschäftsgang, die ganze Gruppe liege beim Umsatz gegenüber Vorjahr «leicht im Plus». Allerdings spricht er auch von einem «ziemlich starken Nord-Süd-Gefälle».

Damit spielt er darauf an, dass Griesser in gut 20 Ländern in Westeuropa verkauft. Während die Geschäfte in Deutschland und den Benelux-Staaten gut liefen, verzeichne man in Italien, Spanien oder Frankreich Umsatzrückgänge zwischen 10 und 30 Prozent.

Der halbe Umsatz stammt vom Heimmarkt

Uneinheitlich ist das Bild auch in der Schweiz, wo Griesser die Hälfte des Umsatzes von rund 350 Millionen Franken erarbeitet. In der Deutschschweiz sei man im Plus, das Tessin und die Romandie hinkten etwas hinterher. Insgesamt lägen die Verkäufe in der Schweiz «leicht unter Vorjahr».

Betreffend Ergebnis rechnet Neuhauser mit einem «mittelguten Jahr» 2020. Konkret bedeute dies einen kleinen Reingewinn und eine operative Marge in Höhe von «ein paar Prozenten» des Umsatzes.

Griesser-Chef Urs Neuhauser auf dem Bauplatz.

Griesser-Chef Urs Neuhauser auf dem Bauplatz.

Bild: Reto Martin

Schutz vor Sonne, aber auch vor Wind und Wetter und windigem Gesindel

Neuhauser sieht noch reichlich Potenzial, um weiter zu wachsen. Dies einerseits in den Auslandmärkten, wobei mittelfristig auch eine Expansion in weitere westeuropäische Länder zum Thema werden dürfte. Andererseits mit Innovationen. Wo sieht Neuhauser Trends?

«Wir orientieren uns zunehmend an architektonischen Elementen.»

Konkret spricht der Griesser-Chef beispielsweise von grossen Glasflächen, die sich wegfalten lassen. Und von Stoffsystemen zur Beschattung solcher Flächen. An Bedeutung gewinne auch der Einbruchschutz. Ein weiteres Feld sei die Elektronik in der Steuerung, in deren Software man beispielsweise Wetterdaten integrieren kann. Neuhauser sagt:

«Dann wird der Sonnenschutz rechtzeitig eingefahren, bevor ein Hagelzug oder ein Sturm übers Land fegt.»
Ein Glasterrassendach von Griesser.

Ein Glasterrassendach von Griesser.

Bild: PD

Fachkräfte sind gesucht

Immer mehr Automatisierung in der Produktion, immer mehr Digitalisierung bei den Erzeugnissen - was bedeutet das für die Arbeitsplätze? Neuhauser sagt zum einen, manuelle Tätigkeiten in der Produktion werde man etwas reduzieren, dafür brauche man mehr Leute in der Logistik.

Zum anderen benötige man höher qualifizierte Mitarbeitende etwa zum Betreiben des Onlineshops, der auf eine neue Plattform gestellt wird, oder zum Bespielen von Architekturportalen. Auch im Vertrieb seien Fachkräfte unabdingbar, etwa um Architekten oder Fachpartner zu besuchen und diesen einerseits die Produkte zu erklären, andererseits von ihnen aber auch Ideen aufzugreifen. Neuhauser sagt:

«Tendenziell bauen wir Personal auf.»

Dabei verweist er auch auf gegenwärtig 30 offene Stellen.

Der Chef denkt schon an die nächsten Bauetappen

Das aktuelle Bauprojekt, das auch eine Fotovoltaikanlage und eine Rückgewinnung der Prozesswärme umfasst, soll im Sommer 2021 abgeschlossen sein. Doch der Chef denkt schon weiter:

«Wir werden in der Zukunft weiter ausbauen.»

Neuhauser spricht von «weiteren Etappen alle fünf bis zehn Jahre». Dabei denkt er etwa an einen neuerlichen Ausbau der Produktion oder eine Erweiterung des Ausbildungszentrums.

Vorerst wird die neue Halle für die Beschichtungsanlage an die Hand genommen. An der Grundsteinlegung versenkten Urs Neuhauser und Walter Strässle einen Koffer im Boden. Inhalt: Baupläne, 20 verworfene Konzepte und eine aktuelle Ausgabe der «Thurgauer Zeitung».