Die amerikanischen Währungshüter haben den Leitzinssatz um einen weiteren Tick erhöht. Die wirtschaftspolitische Euphorie der US-Regierung aber teilen sie nicht.
Gestern Abend hat die US-Notenbank Fed den Leitzinssatz um einen Viertelprozentpunkt auf 1,0% bis 1,25% heraufgesetzt. Gleichzeitig erhöhten die Währungshüter unter Fed-Chefin Janet Yellen ihre Prognose für das diesjährige Wachstum der US-Wirtschaft von 2,1% auf 2,2%. Das ist freilich immer noch deutlich weniger als das Plus von 3%, das die Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump in Aussicht stellen. Weil Yellen von einem geringeren Wachstum ausgeht, muss sich die Fed ihrer Meinung nach auch nicht allzu sehr damit beeilen, die geldpolitischen Zügel anzuziehen, um eine Überhitzung der US-Wirtschaft zu verhindern. Bis Ende Jahr ist noch eine weitere Zinserhöhung vorgesehen. Dieser vorsichtige Kurs stiess im Offenmarktausschuss der Fed einmal mehr auf Zustimmung fast aller Mitglieder. Einzig der Republikaner Neel Kashkari scherte aus. Er meinte, dass die Inflationsrate, die in der Sprachregelung der Fed weiterhin «etwas» unter dem Zielband von 2% liegt, zu niedrig sei, um die eingeleitete Normalisierung der Geldpolitik fortzusetzen. Yellen hingegen scheint der Meinung zu sein, dass alles nach Plan verlaufe. In der schriftlichen Stellungnahme nach der Fed-Sitzung ist die Rede von einem «soliden» Stellenwachstum und von anziehenden Konsumentenausgaben.
In Washington hiess es derweil, die Suche nach einem Nachfolger Yellens, deren Amtszeit am 3. Februar 2018 abläuft, habe begonnen. Mit dieser Suche hat Trump seinen Wirtschaftsberater Gary Cohn beauftragt, der lange für die Bank Goldman Sachs gearbeitet hatte. Trump hat sich bisher widersprüchlich über Yellens Arbeit geäussert. Er schätze an der Fed-Chefin, dass sie eine geldpolitische Taube (Vertreterin einer expansiven Geldpolitik) sei, sagte er vor einigen Wochen. Im Wahlkampf hatte Trump Yellen allerdings noch beschuldigt, sie wolle mit ihrer Zinspolitik den Demokraten helfen.
Renzo Ruf, Washington