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Geschlossene Restaurants, abgesagte Veranstaltungen: Die Brauerei Schützengarten hat ein schwieriges Braujahr hinter sich. Die Umsätze sanken um insgesamt 14 Prozent.
Das Bier war in den letzten Jahren auf dem Vormarsch. Trotz generell sinkendes Alkoholkonsums verkauften die Schweizer Brauereien zwei Jahre hintereinander mehr Bier. Ein Trend, von dem auch die St. Galler Brauerei Schützengarten profitieren konnte. Tatsächlich begann das Braujahr, das traditionell im Oktober beginnt, gut. Der Absatz stieg von Oktober bis im Februar 2020 um fünf Prozent.
Lange her, sagt Reto Preisig, der Vorsitzende der Schützengarten-Geschäftsleitung heute. Im März hatte die Coronapandemie definitiv die Schweiz erreicht. Die wichtigsten Kunden der Brauerei mussten für rund zwei Monate schliessen – fast die Hälfte des Umsatzes erzielt Schützengarten mit der Gastronomie, hinzu kommen Veranstaltungen, Feste, Sportanlässe. «Wenn es der Gastronomie schlecht geht, dann spüren wir dies auch stark», sagt Preisig. Um 50 bis 70 Prozent gingen die Umsätze in den Monaten März bis Mai in der Gastronomie zurück.
Für einzelne Abteilungen gab es nur noch wenig Arbeit, sagt Preisig. Die Abteilung für Events beispielsweise. «Wir beschäftigen auch rund 70 Chauffeure. Ein grosser Teil ihrer Arbeit ist die Belieferung der Restaurants.» Auch bei Schützengarten galt deshalb eine Zeit lang Kurzarbeit.
Dass die Restaurants und Bars während des Lockdowns geschlossen waren, zeigte sich bei Schützengarten nicht nur im Getränkeabsatz. Als Liegenschaftenbesitzerin ist die Brauerei auch Vermieterin zahlreicher Lokale vorwiegend in der Stadt St. Gallen. Man sei den Wirten bei der Miete deshalb auch entgegengekommen, sagt Preisig. Da sich die Mieten oft nach dem Umsatz richteten, sei zudem ein gewisser Puffer bereits eingebaut. «Die härteren Massnahmen führen aktuell zu geringeren Umsätzen in den Lokalen und später dann auch zu geringeren Mieteinnahmen.»
Ein anderer Effekt der Pandemie sorgte im Sommer aber für einen Lichtblick. Da viele wegen der Pandemie auf Ferien im Ausland verzichteten, blieben sie zu Hause – oder machten Ferien in der Schweiz. Mit Unterstützung des Wetters gehörte auch die Ostschweiz zu den Gewinnern dieser Situation. Die Terrassen in Bergrestaurants, am See oder in der Stadt waren gut besucht, sagt Preisig.
Auch in Zeiten der Pandemie konnte sich das Team um den Technischen Direktor Richard Reinart über den Gewinn verschiedener Auszeichnungen freuen. An einem internationalen Wettbewerb wurde der Brauerei vom renommierten Verlag Meininger’s sogar der Titel «Craft-Brauer des Jahres international» verliehen. Dabei wurde Schützengarten Alkoholfrei zum «Alkoholfreien Bier des Jahres 2020» ernannt und das Säntisbier erhielt die Auszeichnung «Kellerpils des Jahres 2020». Als «Craft Beer des Jahres 2020 international» wurde der Rum-Bock aus der Schützengarten Kreativ-Brauerei Brauwerk gekürt. Mit einem alkoholfreien India Pale Ale und dem Hopfenzupfer-Bier erweiterte Schützengarten zudem ihr Sortiment. (red)
Davon profitierte auch die Brauerei. «Wir waren überrascht, wie schnell es wieder aufwärtsging», so der Schützengarten-Chef. Weiterhin fehlten zwar Fussballspiele, Strassenfeste oder Open Airs. Aber die Daheimgebliebenen und Inlandtouristen machten doch einen Teil der verlorenen Umsätze wett.
Und auch wenn die Ostschweizer seltener ins Restaurant gingen, tranken sie doch weiterhin Bier. Statt in Beizen wurde im Garten oder am See gefeiert. «Dafür deckte man sich im Detailhandel ein», meint Preisig. Nicht nur im Detailhandel stieg der Absatz der Brauerei, auch in den Getränkemärkten der Brauerei oder im Hauslieferdienst und im Online-Handel.
«Die Entwicklung hin zum Detailhandel beobachten wir schon länger», sagt Preisig. «Die Pandemie hat sie dieses Jahr verstärkt.» Trotz allem: Am Ende des Braujahres 2019/2020 resultierte ein Umsatzrückgang von 14 Prozent.
Und die Durststrecke dürfte noch länger andauern. «Die Umsätze der Gastronomie sind aktuell 30 bis 50 Prozent unter dem Üblichen», sagt der Schützengarten-Chef. Schwer wiege für die Wirte auch, dass in der Vorweihnachtszeit einmal mehr viele Events ausfallen, allen voran die Weihnachtsessen und Caterings.
Auch die Brauerei Schützengarten hat schweren Herzens auf das traditionelle Weihnachtsessen verzichtet. «Es war jeweils das einzige Mal im Jahr, wo alle Mitarbeitenden, auch die der Aussenstandorte, zusammenkommen.» Als Ersatz erhält jeder Mitarbeitende dieses Jahr einen Gutschein, um mit Begleitung bei einem der Gastronomiekunden der Brauerei essen zu gehen. So könne man auch die Wirte unterstützen, meint Preisig.
Denn die hätten es verdient. Die Wirte machen einen hervorragenden Job, sagt Reto Preisig. Sie setzten die Massnahmen und Abstandsregeln gegen das Virus gut um. Man könne guten Gewissens trotz Pandemie ins Restaurant gehen. «Ich fühle mich dort sehr sicher.»
«Vor uns liegt aber ein kalter Winter», sagt Preisig. Bis sich die Lokale wieder ganz füllten, dürfte es eine Weile dauern. Die Gäste müssten erst das Vertrauen zurückgewinnen. Positive Nachrichten über Impfstoffe gäben aber Zuversicht. «Ich glaube nicht, dass die Pandemie die Stellung der Gastronomie langfristig schwächt.» Einige hätten in dieser Zeit vielleicht sogar ein stärkeres Band mit der Kundschaft aufgebaut.