Zu einer Haftstrafe und einer Entschädigungszahlung wurde Jérôme Kerviel, Ex-Händler der Société Générale, bereits verurteilt. Vor dem Arbeitsgericht gab es nun einen weiteren Rückschlag.
PARIS. Gebräunt und mit Dreitagebart erschien Jérôme Kerviel gestern morgen vor dem Pariser Arbeitsgericht. Für einen, der vor gut fünf Jahren seine Stelle als Aktienhändler bei der französischen Grossbank Société Générale verlor, wirkte Kerviel entspannt. Doch der arbeitslose Wertpapierhändler verfolgte ein grosses Ziel, denn er wollte zeigen, dass sein Arbeitgeber ihm mit seiner Entlassung 2008 Unrecht tat. Am Donnerstag erlitt der 36-Jährige allerdings eine Niederlage.
Das Arbeitsgericht lehnte ein Gutachten über den Riesenverlust von 4,9 Mrd. € ab, den Kerviel der SocGen mit seinen gewagten Transaktionen bescherte. «Ich bin angeekelt», sagte der Skandal-Händler nach der Anhörung. «Ich verlange nur ein kleines Gutachten, keine grosse Sache.» Nun muss er bis März warten, dann hat das Arbeitsgericht eine neue Anhörung angesetzt. Kerviel bestreitet den Milliardenverlust. «Es gibt dafür keinen Beweis», sagt er. Kerviel bestreitet auch, allein mit den Riesensummen jongliert zu haben, die nicht gedeckt waren. Seine Vorgesetzten hätten von seinen Geschäften gewusst, sagt Kerviel, der sich als Opfer sieht. «Ich war in eine Spirale geraten, die mit Unterstützung meiner Chefs immer weiter nach oben führte», verriet er 2010 dem «Spiegel».
«Nur ein Rad im Getriebe» heisst auch Kerviels Buch, in dem er seine Sicht der Dinge schildert. Rückendeckung erhält der Börsenhändler inzwischen von der Linken in Frankreich, für die Kerviel ein Opfer der brutalen Finanzwelt ist. «Er war eine Art Bauernopfer», verteidigt der Chef der Linksfront, Jean-Luc Mélenchon, Kerviel. Für den 36-Jährigen geht der Justizstreit weiter. Denn nach dem Berufungsurteil letztes Jahr rief Kerviel das Kassationsgericht an, den obersten Gerichtshof des Landes. Es entscheidet nun wahrscheinlich im Herbst, ob Kerviel tatsächlich seine Haftstrafe von drei Jahren antreten muss. (C.L.)