Kanzlerin Merkel lässt angeblich Pläne für gemeinsame Anleihen der sechs stärksten Euroländer durchspielen, offensichtlich als Druckmittel zum Sparen.
FRANKFURT. Das Dementi gehört im Angesicht nervöser Finanzmärkte zur Enthüllung wie das Amen in der Kirche. Kaum hatte «Die Welt» unter Berufung auf hohe Diplomaten von dem Projekt «Elite-Bonds» berichtet, bestritt ein Sprecher der deutschen Regierung jeden Hauch einer Absicht dazu. Die Regierung arbeite intensiv an einer Stabilitätsunion, und das wolle sie über Vertragsänderungen in Europa sicherstellen. An «Elite-Bonds» sei nicht gedacht – auch nicht für Notfälle.
Die Zeitung dagegen hatte ziemlich konkret über die möglichen gemeinsamen Anleihen der mit der besten Bonitätsnote ausgestatteten Euroländer Deutschland, Finnland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande und Österreich berichtet. Im Rahmen eines Euro-Sondervertrags würden sich demnach nur wenige Euroländer auf eine strengere Haushaltskontrolle und eine stärker verzahnte Finanzpolitik verständigen.
Der Zinssatz der neuen Anleihen solle zwischen 2% und 2,5% liegen – also nur etwas höher als die aktuelle Rendite der wegen des geringen Ausfallrisikos besonders niedrig verzinsten Bundesanleihen. Die gemeinsamen Anleihen könnten gegen strenge Auflagen auch für Finanzspritzen für Wackelkandidaten wie Italien oder Spanien genutzt werden.
Allerdings will Kanzlerin Merkel die Option offensichtlich nur ziehen, wenn nicht alle 27 EU-Mitgliedländer der Zentralisierung der Haushaltpolitik mit dem Ziel eines radikalen Schuldenabbaus zustimmen. Merkel und der Frankreichs Sarkozy wollen schon im Vorfeld des EU-Gipfels am 8./9. Dezember Vorschläge für begrenzte Vertragsänderungen vorlegen. Ziel ist eine Fiskalunion, in der die nationalen Haushalte vor allem bei den Ausgaben unter strenger Aufsicht der EU stünden. Offen ist, ob Merkel unter diesen Bedingungen ihr dezidiertes Nein zu gemeinsamen Anleihen aller 17 Euroländer aufgäbe. Solche «Stabilitäts-Bonds» hatte EU-Kommissionspräsident Barroso ins Spiel gebracht.
Die Zeit drängt jedenfalls. Die Eurokrise hat sich von der Peripherie zum Kern durchgefressen. Nicht nur, dass die Ratingagentur Fitch letzte Woche Portugal auf Ramsch-Status herabstufte, Moody's Ungarns Bonität reduzierte und Standard & Poor's die Kreditwürdigkeit Belgiens senkte. Inzwischen werden auch die Deutschen ihre bisher als sicher geltenden Anleihen auf den Finanzmärkten nicht mehr los. Bei einer Emission von 6 Mrd. € wäre Berlin zuletzt auf einem Teil der Anleihen sitzen geblieben, hätte nicht die Bundesbank Papiere für 2,4 Mrd. € übernommen. ausland 7