SNB muss Verluste hinnehmen - das Negativzinsregime bleibt einträglich

Das Noteninstitut hat auch im Jahr 2018 mehr als 2 Milliarden Franken an Strafzinsen einkassiert. Die Einnahmen befeuern die Debatte um die Ausschüttung.

Daniel Zulauf
Drucken
Die SNB erzielt 2018 einen Verlust von 14,9 Milliarden Franken. (Bild: Peter Klaunzer)

Die SNB erzielt 2018 einen Verlust von 14,9 Milliarden Franken. (Bild: Peter Klaunzer)

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat 2018 fast 15 Milliarden Franken Verlust eingefahren. Aber die Riesenbilanz im Wert von 817 Milliarden Franken ist jederzeit gut für einen neuen Supergewinn. So wie 2017, als das Reinergebnis auf den historischen Höchstwert von über 54 Milliarden Franken hochschnellte. Nicht überraschend, diskutiert die Politik deshalb heftig weiter, wie die Einnahmen der Notenbank am besten zu verteilen wären.

In dem definitiven Jahresergebnis, das die Nationalbank am Montag veröffentlichte, steckt eine Zahl, welche die Gemüter in der Politik derzeit besonders erhitzt. Das sind gut zwei Milliarden oder genauer die 2048 Millionen Franken, die das Noteninstitut 2018 von den Geschäftsbanken an Straf- beziehungsweise Ne- gativzinsen einkassiert hat. Der Betrag ist nur unwesentlich grösser als im Vorjahr. Seit der Einführung des Negativzinsregimes im Januar 2015 sind es insgesamt schon bald 7 Milliarden Franken.

Andere Währungen sind kaum stabiler geworden

Im Februar forderten die beiden Ständeräte Paul Rechsteiner (SP, St. Gallen) und Alex Kuprecht (SVP, Schwyz), diese Zinserträge seien an die Pensionskassen weiterzureichen. In der Bilanz der SNB habe das Geld nichts verloren, weil es sich um eine Art Steuer handle, um den Franken als internationale Anlagewährung weniger attraktiv zu machen. Eine Auszahlung an die Pensionskassen dränge sich auf, weil sie diejenige Sozialversicherung sei, die am stärksten betroffen sei, erklärten die beiden Politiker ihren gemeinsamen Vorstoss.

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Zwar schoben die Pensionskassen in den Jahren 2015 bis 2017 durchschnittlich 5,5 Prozent des gesamten Sparvermögens von über 900 Milliarden Franken in der Form von flüssigen Mitteln vor sich her, was einer stolzen Summe von mindestens 50 Milliarden Franken entspricht. Und es ist kein Geheimnis, dass sich die Banken für die Verwahrung dieser Gelder schadlos hielten, indem sie den Vorsorgeeinrichtungen den Negativzins in Rechnung stellten. Doch daraus ergibt sich erst ein Betrag von 375 Millionen oder vielleicht auch 400 Millionen Franken, also bei weitem nicht die zwei Milliarden Franken, die Rechsteiner und Kuprecht für die Kassen nun einfordern. Ein Grossteil der Lasten berappen hiesige Grossunternehmen, welche die Dividendeneinnahmen aus ihren ausländischen Tochtergesellschaften nicht im Ausland reinvestieren, sondern in die Heimwährung zurückführen. Auch reiche Privatpersonen werden zur Kasse gebeten, wenn sie bei ihrer Bank mehr als fünf oder zehn Millionen Franken in bar halten. Wie hoch der Anteil der Lasten ist, den die Banken selber tragen, weil sie den Negativzins nicht auf die breite Kundenbasis überwälzen, ist nicht bekannt. Es dürfte sich aber um den kleinsten Teil handeln. Denn mindestens die inlandorientierten Kredit- institute haben die Möglichkeit, die Kosten des Negativzinses wenigstens teilweise über höhere Preise für Hypotheken und vor allem über die Anpassung der Gebühren für Dienstleistungen wie die Kontoführung u. ä. zu kompensieren.

Der Umstand, dass die Negativzinseinnahmen der Nationalbank 2018 kaum gestiegen sind kann als Indiz dafür genommen werden, dass sich das Vertrauen in die Stabilität anderer Währungen kaum verbessert hat. Allerdings legt die Rückläufige Bilanzsumme (–26 Milliarden Franken) auch die Vermutung nahe, dass die Nationalbank 2018 kaum mehr zu Gunsten des Euro intervenieren und Franken gegen die Gemeinschaftswährung oder gegen den Dollar verkaufen musste.

Grossen Einfluss hat die Zinspolitik der EZB

Es gibt auch Entwicklungen, die den Aufwertungsdruck auf den Franken dämpfen. Dazu gehört zunächst die Konjunkturabschwächung, wie sie auch hierzulande stattfindet. Hinzu kommt die bereits fortgeschrittene Normalisierung der Geldpolitik in den USA, wo der Leitzins bei 2,5 Prozent steht und – wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung – weiter steigen dürfte. Auch die amerikanische Unternehmenssteuerreform ist der relativen Attraktivität von Dollaranlagen förderlich. Den grössten Effekt hätte allerdings eine Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank.

Doch eine solche wird auf absehbare Zeit (12 Monate) nicht erwartet. Vor diesem Hintergrund wird immer wieder die Forderung laut, die Nationalbank sollte das Negativzinsregime unabhängig von der Politik der EZB lockern. Doch eine solche Massnahme würde sich schlecht mit dem wichtigsten Ziel der SNB vertragen, das in der Erhaltung der Preisstabilität besteht. Eine Aufwertung des Frankens würde zu tieferen Importpreisen führen und die Teuerung bremsen. Diese lag 2018 bei lediglich rund 0,5 Prozent, was am unteren Ende des Zielbandes der Nationalbank liegt.