Eine Überholspur fürs Internet

Die US-Telekommunikationsaufsicht FCC will Unternehmen die Möglichkeit geben, Inhalte im Internet schneller zu transportieren. Gegen höhere Gebühren. Anbieter würden profitieren, die Netzneutralität hätte damit aber ein Ende.

John Dyer
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Im Netz soll kein Datenpaket dem anderen vorgezogen werden – das ist der Grundgedanke der bisher geltenden Netzneutralität. (Bild: ap/Daniel Roland)

Im Netz soll kein Datenpaket dem anderen vorgezogen werden – das ist der Grundgedanke der bisher geltenden Netzneutralität. (Bild: ap/Daniel Roland)

BOSTON. Die Datenautobahn für das amerikanische Internet soll zweispurig werden. Für einen Datentransfer auf der schnelleren Überholspur dürfen die Betreiber allerdings auch mehr Geld verlangen. Das sehen die neuen Regulierungen für das Internet vor, welche die US-Telekommunikationsaufsicht FCC angekündigt hat. Bisher erfolgte der Datentransfer auf der letzten Meile zum Endkunden für alle mit der gleichen Geschwindigkeit. Das wurde unter Netzneutralität verstanden. Verfechter der Gleichheit für alle im Internet protestierten sofort gegen die Pläne der FCC. Die will nach einigen Anhörungen die endgültige Fassung der neuen Regeln Mitte Mai verabschieden.

Die FCC legte ihre Pläne letzte Woche offen. Drei Monate zuvor hatte ein US-Berufungsgericht in Washington der Klage des Netzbetreibers Verizon stattgegeben und die ursprüngliche FCC-Regelung im Januar verworfen. Diese hatte strikte Netzneutralität zugrunde gelegt und schnellere Dienste gegen höhere Tarife verboten.

Kein öffentlicher Dienst

Der FCC-Vorsitzende Tom Wheeler sagte, die neu formulierten Regeln seien im Einklang mit diesem Richterspruch ausgearbeitet worden. Das Gericht hatte erklärt, die Aufsichtsbehörde dürfe Netzbetreiber nicht zwingen, die Webseiten aller Kunden gleich zu behandeln. Das Internet sei kein öffentlicher Dienst wie das Telefon und die Stromversorgung. Wheeler betonte ausdrücklich, dass das Internetangebot mit zwei Geschwindigkeiten nicht genutzt werden dürfe, um Konkurrenten auszubremsen und ihre Dienste langsamer zu machen. Er sieht auch keinen Richtungswechsel. Dieselben Regeln gälten für alle Internetdienste und Teilnehmer. Die FCC-Pläne wurden als Sieg für Verizon, Comcast und andere Anbieter verstanden. Aber auch für Firmen wie Disney, Google oder Netflix, die an schnellem Datentransfer interessiert sind, etwa um Videos per Stream zu transportieren.

Vorwürfe an FCC-Leiter

Die Verfechter der Netzneutralität protestieren heftig gegen die FCC-Pläne. Sie kritisieren, dass einigen Firmen, die es sich leisten können, eine schnelle Verbindung eingeräumt wird und allen anderen die bisher übliche, langsamere Version. Das untergrabe den Wettbewerb, der in den vergangenen Jahren die amerikanische Wirtschaft und die gesamte Weltwirtschaft so verändert habe. Auch Kritik an der Person Wheelers fehlte nicht. Er sei ein Lobbyist für Kabelbetreiber gewesen und dann ein cleverer Spendensammler von Präsident Obama. Danach sei er zum Chef der Kommunikationsaufsicht FCC berufen worden. «Wenn das so kommt, dann repräsentiert das die schlimmste Seite Washingtons», sagte Todd O'Boyle vom linksorientierten Think Tank Common Cause. «Den Amerikanern war ein Internet versprochen worden, das frei sein sollte von Maut-Strassen, Schnelltrassen und Zensur, durch Firmen oder die Regierung. Und das verdienen sie auch.»

Was ist kommerziell vernünftig?

Die Serviceanbieter können gemäss den Plänen spezielle, schnelle Internetdienste anbieten, müssen das jedoch gegenüber der FCC offenlegen. Sie sind verpflichtet, einen für alle Anbieter und Endkunden gleichen Basisdienst anzubieten. Für die schnellen Dienste dürfen höhere Preise verlangt werden. Die aber gibt es nur in transparenten direkten Verträgen. Voraussetzung sei, dass die individuellen Abkommen zwischen den Unternehmen «kommerziell vernünftig» seien, sagte ein FCC-Sprecher. Was kommerziell vernünftig genau bedeuten solle, werde man in den nächsten Wochen festlegen, sagte Wheeler.

Für den Chef des Datentauschdienstes BitTorrent, Eric Klinker, dürfte es «extrem schwierig» werden, diese Begriffsbestimmung klar vorzunehmen. Würde das auf höhere Geschwindigkeit für mehr Geld reduziert, dann wäre es eine Diskriminierung aller anderen Internetnutzer. Und eine solche bleibe verboten.