Eine Zuger Holding hat ein Kaufangebot für die Luxusautomarke Lamborghini unterbreitet. Dahinter steckt ein Designer aus St.Gallen. Sein Ziel ist es, das Profil der Marke zu schärfen.
Es ist eine Meldung, die in der Autowelt für Aufruhr sorgt. Wie verschiedene Fachmagazine berichten, soll ein Unternehmen namens Quantum Group aus Zug zusammen mit dem Londoner Finanzinvestor Centricus dem VW-Konzern 7,5 Milliarden Euro (8,25 Milliarden Franken) für den Kauf der italienischen Luxussportwagenmarke Lamborghini geboten haben. Den 1800 Beschäftigten soll eine fünfjährige Beschäftigungsgarantie gegeben werden. Quantum bestätigte mittlerweile in einer Pressemitteilung das Kaufangebot. Es sei geplant, eine Plattform für starke Marken und Technologie zu formen, dazu werde auch die Übernahme der Volkswagen-Tochter ins Auge gefasst. «Die Intention hinter der gültigen Offerte ist es, die Marke Lamborghini zu transformieren und zu stärken», heisst es in einer Mitteilung.
Lamborghini wurde 1948 in Italien von Ferruccio Lamborghini zur Herstellung von damals dringend benötigten Traktoren gegründet. Ab 1963 wird mit der Entwicklung von Sportwagen begonnen. 1998 übernahm die Volkswagen-Tochter Audi AG das Unternehmen.
Bei Audi rannte die Quantum-Gruppe mit ihrem Kaufangebot für Lamborghini anscheinend keine offenen Türen ein. Lamborghini stehe nicht zum Verkauf, hiess es aus Ingolstadt. Doch wie kam es überhaupt zu dem Angebot? Hinter der vor wenigen Monaten mit einem Aktienkapital von einer Million Franken gegründeten und in Zug domizilierten Quantum-Gruppe steht der in der Autobranche eher unbekannte gebürtige Kroate Rea Stark Rajcic. Wie eine Recherche ergibt, absolvierte er die Schule für Gestaltung GBS in St.Gallen und gründete später eine Firma für Designentwicklung im Bereich des Digitaldrucks, später war Stark Rajcic als Industrie-Designer für Sony, Canon und Nespresso tätig. Seit einigen Jahren ist er nun im Automobilsektor und hat mit Anton Piëch, dem Sohn des Ex-VW-Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch, das Elektroauto-Start-up Piëch Automotive in Zürich gegründet. Für die Designstudie des ersten Prototyps wurde der 37-Jährige, der heute in Zürich wohnt, 2020 mit dem German Design Award ausgezeichnet. Es liegt also der Verdacht nahe, dass Anton Piëch etwas mit dem Kaufangebot zu tun hat.
Gemäss gut informierten Quellen ist dies aber nicht Fall. Vielmehr habe Stark Rajcic sich mit anderen Partnern aus dem Produkt- und Markenbereich zusammengetan und eine konkrete Vision entwickelt, das Profil der Luxusautos von Lamborghini ausserhalb des VW-Konzerns zu schärfen. Ziel sei es, zu den Ursprüngen der italienischen Luxusautomarke zurückzukehren. Der Plan der Kaufinteressenten sei dabei nicht gewesen, selbst das Management zu übernehmen, sondern ihre Vision mit dem bestehenden Management von Lamborghini umzusetzen. Von der deutlichen Absage von VW seien sie nun eher überrascht. Tatsächlich hatte VW letztes Jahr zwar mit einem Verkauf der Marke geliebäugelt. Doch die Pläne abgeblasen.
Der deutsche Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer zeigt sich trotzdem überzeugt davon, dass VW die Marke verkaufen wird – wenn das passende Angebot für Lamborghini kommt. «Wie wichtig sind für einen Volumenkonzern wie Volkswagen mit Marken wie Audi, VW oder Skoda Luxusmarken wie Bentley oder Lamborghini? Die Antwort lautet: unwichtig», sagt Dudenhöffer. Diese seien einst vom damaligen Firmenpatriarchen Ferdinand Piëch aus Reputationsgründen gekauft worden. In einer Zeit, in der der Konzern aber in der Breite auf Elektromobilität setze, seien diese Luxusautomarken mit ihren kleinen verkauften Stückzahlen eher ein Klotz am Bein. Dazu würden auch Gerüchte passen, dass VW bereits mit dem kroatischen Unternehmer Mate Rimac einig über den Verkauf von Bugatti sei.
Doch wieso ist VW nicht auf das Angebot aus der Schweiz eingegangen? Könnte es am offerierten Kaufpreis gelegen haben? So titelt beispielsweise das deutsche Magazin «Auto Motor und Sport» zum Übernahmeangebot: «Netter Versuch.» Denn der gebotene Preis von rund 7,5 Milliarden Euro sei viel zu tief. Zum Vergleich: Der Konkurrent Ferrari wird an der Börse aktuell mit mindestens 40 Milliarden Euro bewertet.
Dudenhöffer ist allerdings anderer Meinung. Wenn man bei Ferrari den Kurs vom Börsengang im Mai 2016 nehme, komme man auf eine Börsenkapitalisierung von 7,5 Milliarden Euro. «Der heutige Kurs ist also deutlich überzeichnet. Und Lamborghini ist nicht Ferrari.» Das Kaufpreisangebot sei also gut oder sogar eher zu hoch. Wenn der Preis aber stimmt, wieso zeigt VW dann kein Interesse am Übernahmeangebot? Es sei sicher so, sagt Dudenhöffer vielsagend, dass VW beim Käufer kein Risiko eingehen wolle. «Und sich deshalb mit einer allfälligen Auswahl Zeit lässt, sodass ein späteres Scheitern nicht auf VW zurückfallen kann.» Wie aus dem Umfeld der Quantum-Gruppe aus Zug jedenfalls zu hören ist, sei ein Rückzug des Angebots derzeit nicht geplant. Die Türen für VW stünden weiterhin offen.