OFFA-GEWERBETAG
Die Digitalisierung gezielt nutzen: «Vielleicht sitzen Sie auf einer Lösung, die zum Branchenstandard wird»

Funktionierende Geschäftsmodell müssen nicht wegen der Digitalisierung über Bord geworfen werden. Ein Bisschen IT-Firma müsse heute aber jeder sein, sagte Doodle-Mitgründer Paul Sevinç am ersten OFFA-Gewerbetag.

Kaspar Enz
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Im eigenen Betrieb die Augen offen halten - und die Digitalisierung nutzen, wo sie Prozesse und Dienstleistungen verbessern kann.

Im eigenen Betrieb die Augen offen halten - und die Digitalisierung nutzen, wo sie Prozesse und Dienstleistungen verbessern kann.

Bild: Ralph Ribi

Schon dass die Offa nach zwei Jahren Pandemie wieder stattfinden kann, ist Grund zur Freude. Die Gewerbevereine der Region St.Gallen setzen aber noch einen drauf. «Mit dem Gewerbetag wollen wir das nachpandemische Leben befeuern», sagte Gian Bazzi, Präsident des Städtischen Gewerbeverbands vor dem schon bei der ersten Durchführung vollen Saal.

Digitalisierung nicht überhasten

Die Pandemie hat aber nicht nur Gewerbemessen verhindert, sie hat auch gewisse Entwicklungen beschleunigt. Allen voran die Digitalisierung. Anstösse, wie auch das Gewerbe deren Chancen nutzen kann, gab ein Pionier auf dem Gebiet: Paul Sevinç, in Wittenbach aufgewachsen und Mitgründer von Doodle. Und er gab erst einmal Entwarnung. «Ich verstehe, wenn manche sagen, wir machen seit 100 Jahren Gewinn, was soll ich ändern?», sagte er.

«Bleiben Sie ihrem Geschäftsmodell treu.»

Nicht zuletzt wegen der Gefahr von Cyberangriffen habe er durchaus Verständnis dafür, dass man auch in Sachen Digitalisierung nicht voranpreschen will.

Vom Frust zum Branchenstandard

Trotzdem könne es sich lohnen, sich im täglichen Geschäft zu fragen, wo sich die Digitalisierung nutzen liesse. Es gelte, die Augen offen zu halten, und Ideen umzusetzen. «Vielleicht sitzen Sie auf einer Lösung, die zum Branchenstandard wird», sagte Sevinç. Und er berichtete von Beispielen aus der Region: Wie aus dem frustrierenden Ordnerwälzen, beim Hausbau oder der Aktionärsverwaltung, erfolgreiche Start-ups wurden.

Dieter Bachmann übernahm 2008 die Gottlieber Hüppen.

Dieter Bachmann übernahm 2008 die Gottlieber Hüppen.

Ralph Ribi

Ähnliches kennt auch Dieter Bachmann. Dass die Gottlieber Hüppen heute die Bestellungen über einen Webshop abwickeln, hat auch mit der Pandemie zu tun. «Wir wurden von Bestellungen überwältigt», sagte Bachmann, der 2008 das Traditionsunternehmen übernahm. «So half ich bei der Erfassung der Bestellungen aus.» Eine frustrierende Erfahrung.

«So kann man nicht arbeiten»,

war schon nach zehn Minuten sein Urteil über das angestammte System. Doch dafür habe es ihn wohl als Aushilfskraft gebraucht: Wer seit Jahren mit einem System arbeitet, merkt oft nicht, dass es viel einfacher und schneller gehen müsste.

Auch der Gewerbetag selber nutzte die Chancen der Digitalisierung. Per Smartphone konnten die Gäste Fragen an die Referenten stellen und später am Podium die Themen bestimmen - und erleichterten so die Arbeit des Moderators, Tagblatt-Chefredaktor Stefan Schmid.

Die Region als Chamäleon

Leila Hauri. Geschäftsführerin Regio Ausserroden-St.Gallen-Bodensee

Leila Hauri. Geschäftsführerin Regio Ausserroden-St.Gallen-Bodensee

Hannes-Thalmann

Zu den Top-Themen gehörten Verkehr und Parkplätze. Und wenig überraschend hatten die Gewerbevertreter am Podium, Gian Bazzi und der Tübacher Gemeindepräsident und SVP-Kantonsrat Michael Götte, hier einiges zu kritisieren. «Auch wenn, im Vergleich zu anderen Zentren haben wir es hier paradiesisch», gab Bazzi zu.

Es gilt hier scheinbar das selbe wie für die ganze Region. Die verglich Leila Hauri, Geschäftsführerin der Regio Ausserrhoden-St.Gallen-Bodensee, mit einem Chamäleon. «Von weitem fällt sie kaum auf. Schaut man genauer hin, kommt man aus dem Staunen kaum mehr heraus.»