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Unterhalt und Wartung werden immer wichtiger für den Schienenfahrzeugbauer Stadler. Im Frühling 2021 zieht sich Jürg Gygax als Divisionsleiter zurück. Sein Nachfolger heisst Daniel Baer. Beide haben reiche Erfahrung in der Schweizer Industrie.
Nach gut 16 Jahren als Mitglied der neunköpfigen Stadler-Konzernleitung und acht Jahren als Chef der Division Service gibt Jürg Gygax die operative Verantwortung per 31. März 2021 ab und tritt in den Ruhestand, auf eigenen Wunsch, wie Stadler mitteilt. Um den Generationenwechsel zu begleiten, werde Gygax dem Unternehmen aber noch einige Zeit beratend zur Verfügung stehen.
Gygax' designierter Nachfolger heisst Daniel Baer. Dieser stiess 2004 erstmals zu Stadler und ist momentan Mitglied der Geschäftsleitung der Stadler Service AG. Zuvor hatte Baer verschiedene Fach- und Führungspositionen in der Servicedivision inne.
Beide Manager haben langjährige Industrieerfahrung, auch ausserhalb Stadlers. Gygax war früher Chef und Verwaltungsratspräsident des Kreuzlinger Armeefahrzeugherstellers Mowag sowie Chef der Saurer Sticksysteme AG in Arbon. Davor arbeitete er für den Winterthurer Rieter-Konzern.
Baer war in früheren Positionen beim Elektrotechnikkonzern ABB und dem Herisauer Kabelhersteller Huber+Suhner tätig. Geregelt ist auch die Stellvertretung Baers als künftiger Chef der Servicedivision Stadlers. Diese übernimmt Benjamin Niederhauser, derzeit Leiter der Serviceregion Mitte bei Stadler.
Für Stadler ist das Servicegeschäft neben dem ursprünglichen Kerngeschäft, der Herstellung von Rollmaterial, in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Es ist weniger zyklisch, generiert höhere Margen und trägt zur Kundenbindung bei, weil es oft Serviceverträge von bis zu 30 Jahren oder noch länger umfasst.
Mittlerweile bietet Stadler an 45 Standorten in 19 Ländern Instandhaltung (Full Service), Wartung, Modernisierung und Revision an. Stadler betreut eine Flotte, die für eine jährliche Laufleistung von gut 220 Millionen Kilometern ausgelegt ist.
Im ersten Halbjahr 2020 freilich haben die Folgen der Coronapandemie auch im Geschäft mit Service und Komponenten auf den Umsatz und das Betriebsergebnis Stadlers gedrückt. Weil Bahnen Fahrpläne ausgedünnt hatten, wurden weniger Serviceleistungen abgerechnet, die bei langfristigen Verträgen in der Regel anhand der Kilometerleistung der Fahrzeuge abgegolten werden, und es waren weniger Reparaturen und damit auch Ersatzteile nötig.
Stadler-Chef Peter Spuhler sagte im August an der Vorlage der Semesterzahlen, in Deutschland beispielsweise hätten Privatbahnen noch 10 Prozent ihrer eigentlichen Verkehrsleistung erbracht. Zwar stieg Stadlers Umsatz im Semester mit Service und Komponenten im Vorjahresvergleich um 29 Prozent auf 146 Millionen Franken, was aber «deutlich unter den eigenen Erwartungen lag».
Dennoch macht Stadler unbeirrt vorwärts. Im ersten Semester 2020 betrug der Auftragseingang im Segment Service und Komponenten 1,2 Milliarden Franken, fast doppelt so viel wie in der Vorjahresperiode. Treiber waren Serviceverträge im Zusammenhang mit grossen Rollmaterialbestellungen der Berliner Verkehrsbetriebe für die U-Bahn und der englischen Nexus (Metro-Züge für den Ballungsraum um Newcastle und Sunderland).
Dadurch stieg der Auftragsbestand dieses Segments auf 4,1 Milliarden Franken, was annähernd einem Viertel von Stadlers rekordhohem Auftragsbestand von insgesamt 16,8 Milliarden entspricht. Zum Vergleich: 2016 machte das Segment Service und Komponenten erst knapp ein Zehntel des Auftragsbestands aus.