Aviatik
Die Lufthansa zahlt die Staatsgelder zurück – die Swiss will noch nicht auf ihre staatlich verbürgten Kredite verzichten

Die Swiss-Mutter Lufthansa besorgt sich frisches Kapital und will die staatlichen Hilfen hinter sich lassen – pünktlich vor der deutschen Bundestagswahl. Die Aktien steigen aber nicht nur deswegen.

Stefan Ehrbar
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Es geht wieder aufwärts bei der Swiss und ihrer Mutter Lufthansa.

Es geht wieder aufwärts bei der Swiss und ihrer Mutter Lufthansa.

Christian Merz / KEYSTONE

Die Lufthansa will die Politik loswerden. Am Montag kündigte die deutsche Airline eine Kapitalerhöhung an. Ab diesem Mittwoch bis am 5. Oktober werden Aktionären 597,7 Millionen neue Aktien angeboten. Die Lufthansa will so 2,14 Milliarden Euro oder umgerechnet 2,33 Milliarden Franken einnehmen.

Mit dem Geld will sie die Staatshilfen zurückzahlen, die sie vor allem in Deutschland zur Bewältigung der Coronakrise erhalten hat. Die Lufthansa hat 2,5 Milliarden Euro an stillen Einlagen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds der Bundesregierung (WSF) in Anspruch genommen. Bis Ende Jahr will sie diese zurückzahlen, die ersten 1,5 Milliarden Euro schon im Oktober. Laut der «Börsen-Zeitung» will die Lufthansa zudem den nicht in Anspruch genommenen Teil der stillen Einlage bis Ende Jahr kündigen.

Politische Gründe für Kapitalerhöhung?

Dass die Kapitalerhöhung noch vor der Bundestagswahl in Deutschland am kommenden Sonntag stattfindet, dürfte kein Zufall sein. In den Umfragen führt die SPD von Kanzlerkandidat Olaf Scholz, die Union verliert zusehends an Boden. An einer SPD-geführten Regierung könnten auch die Grünen beteiligt sein, allenfalls auch die Partei Die Linke.

In einer solchen Konstellation käme dem Klimaschutz wohl mehr Bedeutung zu, was sich auch auf die Aviatik auswirken könnte – und damit auf das Geschäft der Lufthansa. Möglich, dass die Konzernleitung deshalb so wenig staatlichen Einfluss im Unternehmen möchte wie möglich.

Swiss brauchte ebenfalls Staatshilfe

Auch die Schweizer Lufthansa-Tochter Swiss und ihre Schwester Edelweiss haben wegen der Coronakrise Unterstützung des Staates benötigt. Die Swiss hat einen Bankkredit über 1,5 Milliarden Franken erhalten, für welchen die Eidgenossenschaft zu 85 Prozent und damit maximal 1,275 Milliarden Franken bürgt. Die Swiss hat laut Sprecherin Meike Fuhlrott bisher «deutlich weniger als die Hälfte» in Anspruch genommen.

Die Laufzeit beträgt fünf Jahre mit der Option, zweimal um ein Jahr zu verlängern. Die Airline rechnet nicht damit, mehr als rund die Hälfte des Bankenkredits in Anspruch zu nehmen. «Wir liegen zurzeit deutlich darunter», betont Fuhlrott.

Swiss hüllt sich in Schweigen

Verbindliche Zusagen, wann die Swiss nicht mehr auf Geld aus den staatlich verbürgten Bankkrediten angewiesen ist, macht die Fluggesellschaft nicht. Die Kreditlinie könne flexibel in Anspruch genommen werden, sagt Fuhlrott. «Beträge, die zunächst in Anspruch genommen und wieder zurückbezahlt wurden, können zu einem späteren Zeitpunkt erneut gezogen werden.» Nachhaltige Tilgungen und feste Tilgungsraten gebe es nicht. Am Ende der Vertragslaufzeit sei der noch ausstehende Betrag fällig.

«Die Swiss bemüht sich, zu jedem Zeitpunkt nur so viel Kredit in Anspruch zu nehmen, wie jeweils benötigt wird, um die Zinslast möglichst gering zu halten», ergänzt die Sprecherin. «Das kann vor allem aufgrund der saisonalen Effekte auch bedeuten, dass ein schon in Anspruch genommener Betrag zurückgezahlt wird, obwohl das Geld einige Wochen später wieder benötigt wird.» Über genaue Beträge und Zeitpunkte von Kreditziehungen und Rückzahlungen gebe die Swiss keine Auskunft.

Der USA-Entscheid hilft zusätzlich

Dass sich der Mutterkonzern von den Staatshilfen löst, half der Aktie deutlich. Die Lufthansa-Titel legten am Montag um 9 Prozent zu. Allerdings liegt das nicht nur an der Kapitalerhöhung. Die Ankündigung der USA, ab November wieder geimpfte Reisende aus dem Schengen-Raum einreisen zu lassen, hat die ganze Branche beflügelt.

Die Aussicht auf volle Flieger in die USA scheint den Anlegern den Glauben an die Aviatik-Branche zurückzubringen: So legten seit der am Montag publik gemachten Ankündigung aus Washington die Titel von Airline-Gruppen wie Air France-KLM und IAG (Iberia, British Airways, Vueling) an der Börse genauso zu wie die Aktien der Flughafen-Betreiber wie Fraport, Ferrovial oder des Flughafens Wien. Die Aktie des Flughafen Zürich kletterte am Montag um fast 7 Prozent.

Für die Swiss stellt Nordamerika das wichtigste Verkehrsgebiet dar, wie die Airline in einer Mitteilung schreibt. «Wir beobachten kurzfristig eine stark steigende Nachfrage nach Freizeit-, Besuchs- und auch Geschäftsreisen.»