Aus der Krise – mit neuen Sorgen

Die Schweizer Maschinenindustrie hat ein Jahr der Erholung hinter sich und blickt zuversichtlich in die nähere Zukunft. Gleichwohl ist Swissmem besorgt – wegen der SVP- und der Mindestlohn-Initiative.

Hans Bärtsch/Zürich
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Präzision und Qualität: Die Schweizer Maschinenindustrie freut sich über fast drei Prozent mehr Umsatz. (Bild: ky/Gaëtan Bally)

Präzision und Qualität: Die Schweizer Maschinenindustrie freut sich über fast drei Prozent mehr Umsatz. (Bild: ky/Gaëtan Bally)

Eine Hauptaufgabe von Wirtschaftsverbänden ist es, für ihre Mitglieder optimale Rahmenbedingungen zu schaffen. Mit der Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative und der anstehenden Mindestlohn-Initiative sieht Swissmem, der Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, diese Rahmenbedingungen in Gefahr. Die beiden Initiativen waren das dominierende Thema an der Jahresmedienkonferenz gestern in Zürich. Und verdrängten fast, dass die MEM-Industrie ein gutes Jahr hinter sich hat.

«Treiber des Abstiegs»

Mit Blick auf die Niederlage vom 9. Februar gab sich Swissmem-Präsident Hans Hess durchaus selbstkritisch. «Die Vertreter der Wirtschaft haben offensichtlich an Glaubwürdigkeit verloren», erklärte er. Umso wichtiger sei es deshalb, dass sich wieder verstärkt Unternehmer selbst in den Abstimmungskampf einbringen würden. Noch sei es zu früh, alle Konsequenzen aus der Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative abzusehen, sagte Hess. Bei der Umsetzung, zu der man Hand bieten wolle, gehe es jedoch um «höchstmögliches aussenpolitisches Geschick» und ein korrektes sowie pragmatisches Konzept der Kontingentierung. «Wenn uns dies nicht gelingt, droht die Masseneinwanderungs-Initiative zu einem Treiber des Abstiegs zu werden.»

Der Branchenverband sieht sich laut Hess entlang vier Handlungslinien in der Pflicht: Für die Kontingentierung ausländischer Arbeitskräfte soll ein möglichst unbürokratisches System geschaffen werden. Die bilateralen Verträge sollen als Ganzes oder zumindest teilweise gerettet werden. Um den herrschenden Fachkräftemangel zu entschärfen, müsse das heimische Potenzial besser ausgeschöpft werden. Swissmem baut dazu seine laufenden Nachwuchsförderungsaktivitäten aus und ortet ferner beträchtliches Potenzial bei den Frauen und älteren Mitarbeitern. Zudem sollen Engpässe im Wohnungs- und Infrastrukturbereich rasch und entschlossen beseitigt werden.

Mindestlohn bei 3300 Franken

Mit der Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbundes, über die am 18. Mai abgestimmt wird, droht laut Hess bereits das nächste Unheil. Ähnlich wie die 1:12-Initiative sei diese Vorlage «ein Angriff auf den liberalen Arbeitsmarkt und die Handlungsfreiheit der Unternehmen». Ein Lohndiktat des Staates sei der falsche Weg, zumal nicht einmal die Initianten bestreiten würden, dass es nach Branchen und Regionen Unterschiede gebe. Entsprechend habe man mit den Sozialpartnern vor noch nicht einmal einem Jahr einen neuen Gesamtarbeitsvertrag ausgearbeitet.

In der MEM-Industrie schwanken die Mindestlöhne zwischen 3300 Franken in Tieflohnregionen wie dem Tessin oder dem Jura und 3850 Franken in Hochlohnregionen wie Genf, Zug oder Zürich. Hess nannte die Forderung eines Minimallohns von 4000 Franken pro Monat «eine Fehlkonstruktion», die falsche Anreize schaffe, die Sozialpartnerschaft aushöhle und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz gefährden würde.

Deutlich höhere Auslastung

An Swissmem-Direktor Peter Dietrich war es, die positiven Nachrichten zu überbringen. Mit einem Plus von 2,3 Prozent bei den Aufträgen, von 2,8 Prozent bei den Umsätzen und von 1,2 Prozent bei den Exporten fand die MEM-Industrie 2013 aus der Krise heraus. Das habe mit der besseren Wirtschaftslage in den wichtigsten Absatzmärkten und der leichten Abschwächung des überbewerteten Franken zu tun.

Erfreulich ist laut Dietrich auch, dass die Kapazitätsauslastung jetzt wieder über dem langjährigen Mittel von 86 Prozent liegt. Auf dem Weg aus der Krise hat die Branche aber auch 4300 Stellen verloren. Per Ende September 2013 zählte die MEM-Industrie 332 283 Beschäftigte, ein Prozent weniger als im Vorjahr. Für das laufende Jahr sind die Unternehmer positiv gestimmt. Die Einschätzung, so Dietrich, datiere aber von vor der Abstimmung über die Einwanderungs-Initiative.