«Alle wollen Eiche aus Kroatien»

Die Bauwerk Boen Group hat in Kroatien ein hochmodernes Sägewerk eröffnet. Das Werk sichert Arbeitsplätze vor Ort, aber auch in der Schweiz bei Bauwerk Parkett in St.Margrethen. Die begehrten Eichen werden in unmittelbarer Nachbarschaft geschlagen.

Stefan Borkert, Đurđevac
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Auf 4200 Hektaren wachsen im Forst Repaš die beliebten Eichen. (Bilder: Stefan Borkert)

Auf 4200 Hektaren wachsen im Forst Repaš die beliebten Eichen. (Bilder: Stefan Borkert)

Kilometer um Kilometer geht es durch einen wunderschönen Auenwald im kroatischen Grenzland. Insekten schwirren durch die Luft. Ein Reh verharrt mitten auf dem Waldweg, und wenige Minuten später sieht man einen Hirsch auf einer Lichtung äsen. Rechts und links stehen Laubbäume. Unter ihnen viele Eichen. Es sind diese Eichen im Forst Repaš, weswegen ganz in der Nähe die Bauwerk Boen Group ein neues Säge- und Parkettwerk eröffnet hat. «Fast 90 Prozent der Parkettdielen, die das Werk in Đurđevac verlassen, haben eine Eichenoberfläche» sagt Klaus Brammertz, CEO der Bauwerk Boen Group.

«Doch die Hölzer aus Afrika, Südamerika, Asien – meist Tropenhölzer – sind kaum mehr gefragt.»

Erhalt und Nutzung der Natur gehen Hand in Hand

Klaus Brammertz, CEO der Bauwerk Boen Group.

Klaus Brammertz, CEO der Bauwerk Boen Group.

«Hier ist das ganz anders», sagt er und zeigt auf die Eichen im Forst Repaš. Diese Eichen werden auf Jahrzehnte hinaus das neue Werk der Bauwerk Boen Group in Đurđevac versorgen. Der Forst ist ein beliebtes Jagdgebiet und Teil des Unesco Biosphärenparks Mur-Drau-Donau. Die 27 lokalen Forstleute achten darauf, dass auf gerodeten Flächen einzelne Altbäume, etwa für Vögel, stehen bleiben. «Die Abholzung erfolgt immer unter nachhaltigen Gesichtspunkten. Jeder abgeholzte Baum wird wieder durch Neuanpflanzung ersetzt. Und die Abholzung folgt nach einem detaillierten Plan, der den Bestand des Waldes nicht gefährdet», sagt Forstingenieur Zeljko Hrženjak.

«Der Erhalt und die Nutzung der Natur gehen hier Hand in Hand»,

ergänzt Forstmanagerin Marina Juratovic. Das Nachhaltigkeitsprogramm werde jeweils für zehn Jahre erstellt. Wenn man bedenke, dass Eichen erst im Alter von 100 bis 120 Jahren geschlagen werden, dann sehe man, dass hier Nachhaltigkeit auch eine generationenübergreifende Angelegenheit sei. Sie verweist auf ausgewiesene Flächen, die demnächst geerntet werden und auf eingezäunte Gebiete, die wieder aufgeforstet werden. Dann öffnet sich plötzlich der Blick hin zum Fluss Drava und zur Grenze nach Ungarn, die keine 50 Meter entfernt ist. «Hier war eine der Hauptrouten der Flüchtlinge aus Syrien.» Die Forstmanagerin zeigt auf einen Weg zwischen Büschen und Bäumen, der zum Ufer führt. Täglich hätten hunderte Menschen die Grenze überquert. Das war 2015.

Heute ist nur noch ein kleiner Pfad übrig. Wenige Kilometer entfernt steht die trutzige Burg Đurđevac. Sie wacht seit Jahrhunderten über das Städtchen. Die Einwohner sind gewitzte Leute. Haben sie doch 1552 bei der Belagerung durch die Türken zunächst nicht mehr gewusst, wie sie diese wieder loswerden könnten. Um den Belagerern zu zeigen, dass sie noch lange ausharren können, stopften sie den letzten verbliebenen Hahn in eine Kanone und feuerten ihn auf die Türken. Frustriert zogen diese ab, weil sie dachten, dass die Eingeschlossenen noch lange überleben, wenn sie so ihre Vorräte verschwenden können.

150 neue Arbeitsplätze am neuen Standort geschaffen

Mit dem neuen Werk in Đurđevac bietet die Bauwerk Boen Group Arbeitsplätze in der Region an und produziert unter nachhaltigen Aspekten Parkettdielen, vor allem für den europäischen Markt. (Bild: PD)

Mit dem neuen Werk in Đurđevac bietet die Bauwerk Boen Group Arbeitsplätze in der Region an und produziert unter nachhaltigen Aspekten Parkettdielen, vor allem für den europäischen Markt. (Bild: PD)

Der Konzern hat seinen Hauptsitz in St.Margrethen. 2017 hat die Gruppe mit ihren 2000 Mitarbeitern einen Umsatz von 285 Millionen Euro erwirtschaftet. Weitere Standorte befinden sich im russischen Kaliningrad und in Litauen, in Kietaviskes. Jährlich produziert die Gruppe fast zehn Millionen Quadrat- meter Zwei- und Dreischichtparkett. «Alle wollen Eiche», ergänzt Brammertz. Holz ist seine Leidenschaft, gibt er unumwunden zu. «Heute achten die Kunden sehr auf ökologisch korrekt produzierte Holzwaren», erklärt er. Der unkontrollierte Raubbau in den Urwäldern hat das Tropenholz in Verruf gebracht. Wegen seiner Widerstandsfähigkeit gegen Feuchtigkeit und auch wegen der Wachstumsgeschwindigkeit, wäre es eigentlich ein perfekter Rohstoff. Bauwerk Parkett versuche Kunden auch andere Hölzer als Eiche anzubieten.

Hochwertige Parkettproduktion erfordert noch viel Handarbeit.

Hochwertige Parkettproduktion erfordert noch viel Handarbeit.

Eine kleine Theateraufführung dieser Legende war Teil der feierlichen Standorteröffnung. CEO Brammertz durfte auf der Burg die Kanone mit dem Hahn abfeuern. Ein ohrenbetäubender Knall beendete so die Feierlichkeiten, an denen unter anderem der Schweizer Botschafter Stefan Estermann, die norwegische Botschafterin Astrid Versto und der kroatische Vizepräsident Predrag Štromar teilgenommen hatten. Inzwischen arbeitet das hochmoderne Werk im Dreischichtbetrieb. Erworben hat es Bauwerk Boen 2016 von der deutschen Haas Group. Die Erneuerung hat den Konzern 25 Millionen Franken gekostet. 150 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. 275 Angestellte arbeiten heute am Standort Đurđevac. «Wir sind der zweitgrösste Parketthersteller in Europa. Unser Ziel ist es, der grösste und wertvollste zu werden», sagt Brammertz und ergänzt:

«Wir werden zeigen, dass wir der wichtigste Parkett-Produzent sind, basierend auf Nachhaltigkeit, Ertrag und Gewinn. Die Investition hier in Kroatien ist ein bedeutender Schritt in diese Richtung.»

Das Werk hat eine Jahreskapazität von 1,1 Millionen m2 Parkettdielen. Dazu werden pro Jahr 25000 Festmeter Laubholz, in erster Linie Eiche, aus dem Forst Repaš benötigt.

Der Forst Repaš ist das wertvollste Ökosystem in der Region. Das warme, milde Klima mit viel Regen begünstigt das Wachstum der Bäume. Mit dem neuem Werk beweise die Bauwerk Boen Group, dass für sie Nachhaltigkeit und ökologisches Wirtschaften im Fokus stehen, betont Brammertz. Rohstofforientierte Arbeitsschritte, wie die Trocknung und der Zuschnitt von Lamellen würden vor Ort im Ursprungsland des Holzes durchgeführt. «Damit ist die Wertschöpfung besonders sinnvoll. Der Transport von getrocknetem Holz belastet die Umwelt deutlich weniger», sagte der CEO am Rande eines Rundgangs durch die neue Fabrik.