Die Finanzbranche als Verursacher der globalen Krise braucht neue Regeln und Überwachungsinstrumente. Wie diese aussehen sollen, darüber herrscht am WEF bestenfalls informeller Konsens.
Davos. Mangelnde Transparenz, kurzfristiges Denken, reines Gewinnstreben: So hat die Finanzwirtschaft in der letzten Dekade geschäftet, und damit, nach den selbstkritischen Worten von Henry Kravis, Gründungsmitglied der Investmentfirma Kohlberg Kravis Roberts & Co., das Vertrauen der Kunden nachhaltig zerstört. Und auch wenn laut Kravis in der ganzen Branche ein radikaler Prozess des Umdenkens eingesetzt habe, um dieses Vertrauen wieder zu gewinnen, wird es weit mehr brauchen als Asche auf den Häuptern der Bankenchefs und Bekenntnisse, es künftig besser machen zu wollen. Es geht letztlich darum, die Spielregeln neu zu definieren, um zu verhindern, dass sich die Exzesse wiederholen.
Daran zweifeln am Weltwirtschaftsforum (WEF) nicht einmal mehr die Banker selbst, etwa Walter Kielholz. Der Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse meinte selbstkritisch, man habe viel zu stark auf das praktisch rein spekulativ angelegte Geschäft zwischen den Banken gesetzt. «Die Versuchung war gross, auch, weil es kaum verbindliche Regeln gab.»
Am Modell der Universalbank will Kielholz aber nicht rütteln. «Das ist bei uns historisch so gewachsen, nicht zuletzt, weil unsere Kunden das gewünscht haben.» Er glaube auch nicht, dass die Regulierungsbehörde in der Schweiz hier Beschränkungen auferlege. Das müsse aber nicht für alle Banken gelten. «Wenn eine regional tätige Bank ins internationale Geschäft einsteigt, kann das rasch sehr gefährlich werden.»
Wer indessen wissen möchte, von welcher Gestalt künftige Regeln sein sollten, erfährt von den Bankern nicht viel mehr als Allgemeinplätze. Und wie kann das systemische Risiko, das zum faktischen Kollaps des ganzen Bankensystems geführt hat, reduziert oder gar eliminiert werden? Am WEF gab es darauf keine Antwort, höchstens einen vagen Konsens. Jean-Claude Trichet, Präsident der Europäischen Zentralbank, brachte ihn auf den Punkt: «Wir brauchen Hürden, um das System abzubremsen, und wir brauchen einen Airbag, wenn es drum geht, das Schlimmste zu verhindern.»
Verstärkt werden soll auch die internationale Zusammenarbeit, sei es informell mit den Staatengruppen der G-7, G-8 und G-20 oder formell mit Internationalem Währungsfonds und Weltbank, die künftig auch überwachende Funktionen ausüben sollen. Ob die Staatenwelt dazu tatsächlich bereit ist, daran mag angesichts divergierender nationaler Interessen und Protektionismus keiner so recht glauben. Der auf 2. April angesetzte Gipfel der G-20 soll darauf erste Hinweise liefern.