Die europäische Raumsonde «Rosetta» hat am 6. August nach mehr als zehn Jahren Flug durchs All ihr Ziel erreicht. Mit dabei sind auch Motoren aus dem Kanton Obwalden. Jetzt liefert sie weitere Bilder.
Die europäische Raumsonde «Rosetta» schwenkte am 6. August in eine Umlaufbahn um den Kometen «67P/Tschurjumow-Gerassimenko» - kurz Tschury ein, wie das Obwaldner Technologieunternehmen Maxon Motor in einer Mitteilung schreibt. Die von der Universität Bern mitentwickelte und mit DC-Motoren der Firma Maxon aus Sachseln angetriebene Raumsonde wird bald die ersten Moleküle aus dem Gasschweif des Kometen «riechen» können.
Die Sonde wird nun den Kometen umkreisen, kartografieren und verschiedene Daten sammeln. Und schon die ersten Bilder liefern erstaunliche Erkenntnisse: Der vier Kilometer grosse Komet ist nicht etwa rund oder oval, sondern sieht aus, als würden zwei Brocken lose zusammenkleben. Auch die Oberfläche des Kometen ist mit minus 70 Grad Celsius viel wärmer als erwartet und laut ersten Informationen von einer schwarzen Staubschicht bedeckt.
Rosetta wird sich jetzt Stück für Stück dem Kometen nähern, bis nur noch eine Distanz von 10 Kilometern dazwischenliegt. Mitte November 2014 folgt der schwierigste Teil: Der Lander Philae soll auf Tschury aufsetzen. Es wird die erste kontrollierte Landung auf einem Kometen sein.
Seit ihrem Start 2004 hat die Sonde über sechs Milliarden Kilometer zurückgelegt und ist mehr als 400 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Nun rast sie in einem Tempo von rund 55'000 Stundenkilometern in etwa 100 Kilometern Höhe über dem «Tschuri» getauften Kometen, dessen Seite sie nicht mehr verlassen wird, durchs All.
Das Instrument soll unter anderem die Frage beantworten, ob Kometen Wasser und organische Moleküle - die Grundbausteine des Lebens - auf die Erde gebracht haben. Kometen sind Überbleibsel aus der Urzeit des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren. Sie bestehen aus dem gleichen Material, aus dem vermutlich auch Sonne und Erde «gewachsen» sind.
Die «Rosetta»-Mission kostete rund insgesamt über eine Milliarde Euro. Sie wurde vor 20 Jahren begonnen und dauert noch bis 2015. Insgesamt sind 17 Nationen daran beteiligt.
Auf dem Rücken des Kometen soll «Philae» nun begleitet von «Rosetta» Richtung Sonne fliegen. Bis August 2015 wird sich das Dreiergespann dem Feuerball auf 195 Millionen Kilometer nähern - mit Teleskopen ist der Komet dann auch von der Erde aus zu sehen.
Für den europäischen Kometenjäger «Rosetta» kann die Arbeit beginnen: Nach einer zehnjährigen Reise durch den Weltraum erreichte die Raumsonde mit dem Landegerät «Philae» an Bord am Mittwoch den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko. Weltweit warten Wissenschaftler nun auf die Daten der spektakulären Mission der europäischen Weltraumagentur ESA.
Kometen sind Botschafter aus der Entstehungszeit des Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren. Sie bestehen aus Eis, gefrorenem Gas und Staub. Die Erforschung ihrer genauen Zusammensetzung kann ein neues Licht auf die Geschehnisse in der Frühzeit von Sonne, Erde und anderen Planeten werfen. Ausserdem glauben manche Forscher, dass ein Teil des Wassers auf der Erde von Kometen-Einschlägen stammt - und wahrscheinlich auch viele organische Moleküle, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leben gespielt haben.
Die imposanten Expemplare unter den Schweifsternen hatten für unsere Vorfahren etwas Bedrohliches - weil sie plötzlich auftauchen, stellten sie aus damaliger Sicht die kosmische Ordnung in Frage. Heute wissen die Forscher, dass Kometen vom Rand des Sonnensystems stammen und sich ihre Gas- und Staubschweife bei der Annäherung an die heisse Sonne bilden.
Nein. Irdische Forschungssonden sind bereits mehrfach nahe an Kometen vorbeigeflogen, beispielsweise am berühmten Halleyschen Kometen bei dessen bislang letzter Annäherung an die Sonne 1986. 2005 feuerte die US-Kometensonde «Deep Impact» ein Projektil auf den Kometen Temple 1 ab. Auch Asteroiden, die wie Kometen zu den Kleinkörpern im Sonnensystem zählen, waren bereits Ziel von Raumfahrt-Missionen. Der japanischen «Hayabusa»-Sonde gelang es 2005 sogar, Bodenproben auf dem Asteroiden Itakawa zu nehmen.
Die am 2. März 2004 gestartete «Rosetta» ist die erste Sonde, die einen Kometen umkreisen soll. «Philae» wiederum ist das erste Landegerät, das weich auf einem Kometenkern aufsetzen soll - zu einem «Ritt auf dem Kometen».
Seit ihrem Start 2004 hat «Rosetta» mehr als 6,4 Milliarden Kilometer im All zurückgelegt. Dreimal musste sie auf ihrer Reise Schwung bei Umrundungen der Erde holen, einmal passierte sie den Mars, zweimal begegnete sie kleinen Asteroiden. Im Juni 2011 wurde die Sonde schliesslich aus Energiespargründen vorübergehend in eine «Tiefschlafphase» versetzt.
«Rosettas» Zielkomet war ursprünglich ein anderer: Die insgesamt rund eine Milliarde Euro teure Mission sollte zum Kometen 46P/Wirtanen führen. Doch vor dem geplanten Start im Januar 2003 gab es eine schwere Panne mit der damals neuen Version der europäischen Ariane-5-Rakete - mit der Folge, dass «Rosetta» am Boden blieb und das Startfenster zum Kometen Wirtanen verpasste. Sozusagen als Ersatz suchten die Forscher dann als Reiseziel Tschurjumov-Gerasimenko aus, den Wissenschaftler Tschuri getauft haben.
Tschuri ist für die Wissenschaftler eine fremde Welt. Entdeckt wurde er 1969 von den Forschern Klim Tschurjumov und Svetlana Gerasimenko. Jüngste Bilder zeigen, dass er aus zwei deutlich getrennten Teilen besteht - gleichsam einem «Kopf» und einem «Körper». Aus der Ferne gesehen erinnert der Komet daher an ein Plastik-Entchen.
sda/rem