Analyse
Swiss League: Zehn Hockey-Klubs zwischen Pleite und Aufstieg

Die zweithöchste Hockey-Liga steht finanziell auf so dünnem Eis wie noch nie – und ist sportlich trotzdem top.

Klaus Zaugg
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Klaus Zaugg.

Klaus Zaugg.

Bild: PD

Es ist eine Geschichte über Arroganz, Mut, Selbstüberschätzung und Pech. Bis und mit der letzten Saison traten die National League (NL) und die Swiss League (SL), die beiden höchsten Ligen unseres Hockeys, im Markt gemeinsam auf. Aus dem Verkauf der TV- und der Liga-Vermarktungsrechte hat jeder NL-Klub rund 1,6 Millionen erhalten. Die SL-Klubs mussten sich mit ziemlich exakt 385000 Franken begnügen.
Das schien den SL-Klubbossen einfach zu wenig. Sie fühlten sich vernachlässigt. Also wagten die SL-Verantwortlichen vor einem Jahr einen mutigen Schritt: Sie haben sich von der NL gelöst und treten nun als eigenständige Organisation am Werbe- und TV-Markt auf. Es müsste doch möglich sein, mehr Geld zu holen als bloss 385000 Franken pro Klub! Grosse Namen sind engagiert worden, um dieses Geld zu finden: den langjährigen Leutschenbach-Bürogeneral Jean Brogle und die Vermarktungsfirma von Klotens Präsident Mike Schälchli.

Nun ist die Ernüchterung gross. Mike Schälchli ist mit Kloten in die NL aufgestiegen. Kann die Firma eines Klubpräsidenten aus der höchsten Spielklasse erfolgreich die Interessen der zweithöchsten Liga vertreten? Nein. Der erfolgreiche Unterhaltungsunternehmer hat für die SL kein Geld aufgetrieben. Per Ende Juni ist nun sein Mandat wegen Erfolglosigkeit aufgelöst worden. Und damit stehen die SL-Klubs mit leeren Händen da: Statt 385000 Franken pro Klub gibt es kein Geld aus dem TV- und Vermarktungstopf. Wer nach dem alten System grad noch knapp schwarze Zahlen erreichte, weiss nun, dass er Ende Saison ein Loch von mehr als 400000 Franken haben wird.

Denn auch der erfahrene TV-Manager Jean Brogle ist noch nicht am Ziel: Er hat zwar eine Streaming-Plattform lanciert, die in der nächsten Saison alle SL-Partien live zeigt.
Das Problem: Die TV-Produktionskosten dürften pro Klub gut und gerne 60000 Franken betragen und nächste Saison ist aus diesem Projekt noch kein Ertrag zu erwarten. So kommen die SL-Kassiere auf einen Fehlbetrag von über 400000 Franken: 60000 Franken Mehraufwand und Wegfall der 385000 Franken Einnahmen. Die zweithöchste Liga ist durch eine Mischung aus Arroganz, Mut, Selbstüberschätzung und Pech wirtschaftlich zwischen alle Stühle geraten.

Was nun? Niemand bestreitet die Wichtigkeit der SL als Unterbau zur NL. Den NL-Klubs – also den Titanen unseres Hockeys – dämmert, dass die auf zehn Teams geschrumpfte SL nicht ihrem Schicksal überlassen werden kann. In einem ersten Schritt ist eine Finanzspritze der NL von rund 80000 Franken pro SL-Klub angedacht.

Im Gegenzug wird die Zustimmung der SL-Klubs zu einer Liga-Qualifikation mit fünf Ausländern erwartet. Was auf den ersten Blick ein arger Nachteil für die SL scheint, die ja nur mit zwei Ausländern spielt. Während in der NL sechs ausländische Spieler erlaubt sind. Aber für den SL-Meister wird ein Transferfenster geöffnet, damit er für die Liga-Qualifikation drei zusätzliche Ausländer verpflichten kann. Für den NL-Klub, der die Liga-Qualifikation bestreiten muss, ist dieses Fenster nicht offen. So schwierig die nächste Saison wirtschaftlich auch sein mag – die Aufstiegschancen des SL-Meisters in der Liga-Qualifikation sind hoch.

Damit zeichnet sich eine verrückte Ausgangssituation ab: Die SL steht wirtschaftlich auf so dünnem Eis wie noch nie und ist zugleich im Auf/Abstiegskamp sportlich so kompetitiv, dass es mit ziemlicher Sicherheit erstmals seit 2018 wieder einen Auf- und Absteiger geben wird. Zehn SL-Klubs im Spannungsfeld zwischen Pleite und Aufstieg.