Am Freitag beginnt für die Brüder Daniel und Martin Hubmann in Schottland mit der Sprint-Qualifikation die OL-WM. Podestplätze sind in Nairn und Forres nahe dem Loch Ness das Ziel.
ORIENTIERUNGSLAUF. Bei Daniel Hubmann ist die Ausgangslage vor jedem Titelkampf, Weltcup- oder nationalen Rennen seit Jahren (und in Zukunft) gleich: Die Öffentlichkeit erwartet – wie er von sich selbst – Podestplätze.
Ein Selbstläufer wird die WM für den Welklasseläufer nicht. Die Topographie des Geländes, die Beschaffenheit des Waldes, die Tagesform, die Vorbereitung, die Startreihenfolge, die äusseren Bedingungen können die Chancen erhöhen oder einschränken. «Im OL ist jedes Rennen anders. Es gibt kaum eine andere Sportart», so der vierfache Weltmeister, «bei der ähnlich viele Unbekannte eine entscheidende Rolle spielen. Auch ist das Wettkampfgelände Sperrgebiet. Trainiert werden kann nur ausserhalb in vergleichbaren topographischen Abschnitten.» An einer WM mit mehreren Starts kann sich eine Medaille zu Beginn positiv auf das Selbstvertrauen auswirken. «Andererseits kann eine Enttäuschung zu Beginn Kräfte freisetzen, muss sich nicht negativ auf den weiteren Verlauf auswirken. Daniel hat dies vor einem Jahr gezeigt», betont der persönliche Trainer Kilian Imhof (Balterswil). An der EM 2014 blieb er im Sprint als Vierter zwei Sekunden hinter Bruder Martin. Die Reaktion auf den verpatzten Auftakt fiel bei der aktuellen Nummer zwei der Welt mit Gold über die Mittel- und Langdistanz eindrücklich aus. An der WM 2014 gewann er dagegen im Sprint Silber, und es kam im Einzel «nur» der Vizetitel auf der Langdistanz dazu.
Auch in Schottland beginnt die WM-Woche mit den Sprint-Konkurrenzen. Zwischen der Qualifikation am Freitag und dem sonntäglichen Final wird die Kurzdistanz-Staffel eingebaut. Der 32jährige Daniel geniesst dazwischen im Gegensatz zum sechs Jahre jüngeren Bruder einen Ruhetag, weil er auf den Sprint-Teambewerb verzichtet. Die «Hubmänner» laufen dadurch an der WM wiederum nicht mit-, sondern als Konkurrenten gegeneinander. Das Projekt «gemeinsame Staffel» ist nicht aufgehoben, sondern lediglich aufgeschoben.
Die Situation im OL-Team erinnert an jene der Biker. In beiden Sportarten dominieren die Schweizer bei den Männern. Martin Hubmann wäre in jeder andern Nation – analog Ralph Näf – Fixstarter. Im schottischen Hochland nahe dem Loch Ness kommt er jedoch einzig im City-Sprint (Nr. 7 im World Ranking) zum Einsatz, obwohl er auch in den Wald-Disziplinen das Potenzial für Spitzenränge besässe. «Müsste einer aus dem selektionierten Trio ersetzt werden, stünde ich bereit. Ich werde mich entsprechend vorbereiten», sieht sich der letztjährige EM-Dritte im Sprint nach den ersten drei Tagen nicht als Tourist. Die bei einem Sturz gequetschte Rippe behindert ihn lediglich noch beim Lachen.
Der fünffache Weltcup-Gesamtsieger Daniel Hubmann wird den Sprint, die Mittel- und Langdistanz sowie die Distanz-Staffel bestreiten. Also ein Mammutprogramm absolvieren. «Für mich ist der Plan ideal. Vor dem Sprint-Final, der Mittel- und Langdistanz habe ich jeweils einen Ruhetag. Die Form stimmt, ich konnte nach Verletzungsproblemen im Frühling während der letzten Wochen gut trainieren», zeigt sich der Perfektionist zuversichtlich.
Dreimal weilte der ältere Hubmann mit dem Nationalkader in Schottland, zweimal schaltete er privat Trainingstage nahe dem WM-Gelände ein. «Es kann schon fast von einer Heim-WM gesprochen werden», fügt er lachend an.
Ob es für das Mitglied der OL Regio Wil im neunten Jahr als Profi zu weiteren WM-Medaillen (bisher 16) reichen wird, darüber lässt sich spekulieren. Seit den letzten Weltcuprennen sind beinahe zwei Monate vergangen. «Niemand weiss, in welcher Form sich die andern Favoriten befinden. Die Position im Ranking sagt wenig aus, weil sie nicht die aktuelle Situation wiedergibt», stimmen die Hubmann Brothers und Kilian Imhof überein. ? THURGAU LOKAL 25