Die Schweiz weiss bei der Hälfte des Pensums zu gefallen, doch es gibt Luft nach oben. Zwischen Vladimir Petkovics Equipe und Portugal spitzt sich das Fernduell zu, ein finaler Showdown droht.
Man sagt, was gut ist, darf, ja soll bleiben. Und gut ist in der WM-Qualifikation mit fünf Siegen aus ebenso vielen Spielen so einiges bei dieser Schweizer Nationalmannschaft, nicht nur die Leaderposition. Ihr Ballbesitz zum Beispiel, das dominante Auftreten auch. Oder das Gespür von Vladimir Petkovic für Spielsituationen. Nicht zum ersten Mal war dieser Instinkt entscheidend und brachte den Sieg. «Ein Trainer versucht immer, etwas zu bewegen. Diesmal hat es sich gelohnt», sagte Petkovic. Gegen Lettland stellte er in der zweiten Halbzeit um und forcierte mit der Hereinname von Stürmer Josip Drmic die Offensive. Der lange verletzt gewesene Joker stach, die Schweizer lagen sich in den Armen. Es war ein Jubel, der so viel aussagte über den Charakter dieses Teams, weil er aus dem Innersten kam, tief aus dem Herzen.
Gewiss, die Letten waren am Samstag im Stade de Genève kein Gradmesser. In ihrer Startformation standen acht Spieler, die in der heimischen Liga ihr Geld verdienen, diese liegt im Ranking der Uefa auf Position 41, schwächer geht es kaum. Aber die Letten waren ein unangenehmer Widersacher, der diszipliniert und leidenschaftlich verteidigte. Aber es ist unterdessen eine Tugend der Schweiz, in solchen Begegnungen nicht zu verzweifeln, sondern Ruhe zu bewahren. Diese Geduld wird sie sich erhalten müssen, zumal die kommenden Aufgaben bei den Färöer-Inseln, daheim gegen Andorra und auswärts in Lettland nur das eine Bild liefern werden: Die Schweiz rennt an, der Gegner aus den Niederungen der Weltrangliste igelt sich ein.
Wo sehr viel Licht ist, gibt es aber doch ein wenig Schatten und damit Verbesserungspotenzial für die zweite Hälfte der WM-Qualifikation. Da ist vor allem die fehlende Spielpraxis einiger Exponenten im Club, die man in Genf bei einem Xherdan Shaqiri in der zweiten Halbzeit spürte. «Ich werde meine Spieler in Zukunft genau beobachten, weil man schon gesehen hat, dass einigen der Rhythmus fehlte», sagte Petkovic. Auch in der Stunde des Erfolgs blieb der Coach kritisch, ein Beweis, dass sein Ansehen und Selbstvertrauen deutlich gestiegen sind. Und im Grunde verdeutlicht seine Haltung auch, wie beseelt er davon ist, dieses Team vorwärts zu bringen und besser zu machen. Petkovic hat zwar Remo Freuler und Steven Zuber am Samstag das Début im Nationalteam ermöglicht, doch er weiss sehr wohl, dass für das ganz grosse Bild gerade ein fitter Shaqiri unersetzlich ist. Auch dessen Tore.
Eigentlich hat Petkovic immer ein Spektakelmacher, nie aber ein Resultattrainer sein wollen. Weil die Schweizer Tore jedoch nicht in der Häufigkeit wie bei den Portugiesen fallen wollen, macht es fast den Anschein, als sei er dies geworden. Es fehlt seinem Team an Leichtigkeit, an Durchschlagskraft im Sturm, viel muss es investieren für den Ertrag. Das reicht, solange die Gegner Andorra heissen. Im Oktober aber warten zum Abschluss der Qualifikation zuerst Ungarn und dann Europameister Portugal. Erfüllt die Schweiz bis dahin die Pflicht, würden ihr zwei Unentschieden den Weg nach Russland ebnen. «Bis jetzt haben wir fünf kleine Pässe erklommen, nun kommt der sechste. Es wird spannend sein bis zum Schluss, wir müssen unseren kleinen Vorteil bewahren», sagte Petkovic.
Es wird wohl zum Showdown gegen Cristiano Ronaldo und Co. kommen, die Ungarn mit 3:0 aus dem Rennen um das direkte WM-Ticket warfen. Das ist dann der zehnte Pass – er ist gar gross.