Die erste Sprint-OL-WM in Süddänemark wird für die Eschliker Brüder Daniel und Martin Hubmann zu einem besonderen Anlass.
Dieser Satz sagt vieles: «Ich peile bei meinem 56. WM-Einsatz meine zehnte Sprint-Medaille an.» Er stammt von Daniel Hubmann, dem älteren und erfolgreicheren der beiden Top-OL-Brüder.
Auf den ersten Blick scheint Hubmanns Ankündigung logisch. Seit 2004 ist der 39-Jährige auf höchster Ebene dabei. Zum 15. Mal bestreitet der Routinier eine Sprint-Entscheidung. Und niemand ist erfolgreicher gewesen als er, gerade im Sprint: 2011, 2017 und 2018 gewann er WM-Gold.
Allerdings sagt der stets höchst ambitionierte Daniel Hubmann auch:
«Ich könnte nicht mit gutem Gewissen sagen, ich strebe Gold an.»
Er erklärt, dass er aufgrund der Entwicklung der vergangenen Jahre nicht der Topfavorit sei. Gleichwohl betont er: «Besiegt gebe ich mich noch längst nicht, ich will das Optimum und ich will um eine Medaille laufen.»
Speziell ist, dass Daniel Hubmann nur im Einzelsprint am letzten Tag der Titelkämpfe zum Einsatz kommen wird: Bei der WM-Premiere im Knockout-Sprint zwei Tage zuvor figuriert er als Ersatz im Team.
Sein Schluss: «Ich setze alles auf eine Karte und weiss: Ich habe eine Chance und entweder packe ich diese oder ich scheitere.» Das ist für ihn neu. Bis jetzt ist er an Weltmeisterschaften stets zu mehreren Einsätzen gekommen.
So ist die Situation vor allem wegen der Trennung von Wald- und Stadt-Disziplinen. Die Titelkämpfe werden nun alternierend in den beiden Sparten auszutragen. Er sagt:
«Ich war nie ein Fan dieser Teilung.»
Er hat seine Meinung nicht geändert. Ins Gewicht fällt aber auch, dass Hubmanns Leaderrolle im Schweizer Männer-Team nicht mehr gegeben ist. Matthias Kyburz nimmt diese ein. Er läuft sowohl in der Sprint-Staffel am Sonntag, im K.o.-Sprint am Dienstag und Einzelsprint – übrigens: Bei den Frauen tun dies Simona Aebersold und Elena Roos.
Aufgrund des Fehlens in der Sprint-Staffel reisten sowohl Daniel als auch Martin Hubmann nach dem letzten WM-Trainingslager vor Ort am vergangenen Wochenende nochmals heim. «Wir haben in Dänemark gut und effizient trainiert und zuletzt in einem internen K.o-Sprint ein gutes Gefühl geholt», sagt Martin Hubmann zum vergangenen Wochenende.
Die letzte Vorbereitung haben sie im trauten Umfeld absolviert. Daniel Hubmann weilte nochmals bei seiner Familie in Bremgarten bei Bern, Martin Hubmann bei seiner Freundin in Dübendorf. «Nochmals herunterfahren, sich erholen und den WM-Hunger ideal aufbauen», lautete das Motto.
Martin Hubmann möchte sich im K.o.-Sprint profilieren. «Dieses Rennen mit den verschiedenen Runden wird sehr taktisch», sagt er. Zuletzt, beim Vergleich im Nationalteam, testete er verschiedenen Varianten: einen «passiven Auftakt» mit Reagieren statt Agieren und beim nächsten Trainingsrennen mit sehr offensivem Laufen. Die Erkenntnis:
«Beides funktionierte nicht wirklich gut.»
Bei Variante eins wurde er unruhig, «weil ich nicht den besten Finish habe», bei Variante zwei fehlte ihm die Ruhe, um etwa die lange Route genug vorzubereiten. Martin Hubmanns Schluss: «Ich brauche einen Mix, der viel auf Intuition beruht.»
Vorgenommen hat er sich aber viel: «Ich will in den Final der letzten Sechs – und dann kann ich ja nicht mehr sagen, Rang sechs sei das Ziel.»
Aber der 33-Jährige, einst Sprint-Staffel-Weltmeister 2014 und Sprint-WM-Zweiter 2015 weiss auch, dass er diese Zielsetzung bis jetzt im K.o.-Sprint bei internationalen Titelkämpfen stets verfehlt hat. Vor allem Teamleader Kyburz ist in der Favoritenrolle.
Kyburz ist rein läuferisch derart stark und variabel, dass er sich bei jeglicher Rennentwicklung in einer sicheren Lage fühlen darf. Martin Hubmann sagt: «Dieses Privileg hätte ich auch gerne.»