Uta Köbernick hat am NordArt-Festival in Stein am Rhein bewiesen, dass man auch mit leisen Tönen und kurzen Statements einiges sagen kann. Ihr Programm «Auch nicht schlimmer» war anspruchsvoll – und kam gut an.
STEIN AM RHEIN. «Früher», erklärte Uta Köbernick gleich zu Beginn ihres Programms, «da habe ich so humorvolles Kabarett gemacht. Heute ist es halt so, wie es ist – das nennt sich Entwicklung.» Ein kleiner Satz, der viel sagt und damit bezeichnend ist für Uta Köbernicks Programm «Auch nicht schlimmer», das, laut ihrer eigenen Aussage, «den Namen hat, den es verdient».
Uta Köbernick ist keine Frau der lauten Töne; sie ist keine Schenkelklopferin, die das Publikum zu Lachsalven animiert. Sie braucht sich nicht über andere lustig zu machen, um lustig zu sein.
Und überhaupt ist lustig zu sein auch gar nicht ihr primäres Ziel. Ihr Programm ist anspruchsvoll, ihr Humor subtil. Zuhören ist angesagt und mitdenken, das vor allem. Ihre Lieder und Gedichte – oftmals sind es nur einzelne Sätze – sind kurz und schlicht, aber sie offenbaren den klaren Blick einer guten Beobachterin.
Mit diesem Blick schaut Köbernick in uns hinein und um uns herum, und wenn sie sich dann zu einem Statement, einem kleinen Gedicht oder einem kurzen Lied bewegen lässt, dann ist jedes Wort sorgsam abgewogen, sitzt es genau da, wo es hingehört und seine maximale Wirkung entfaltet. So sagt sie beispielsweise, sie hätte als Deutsche, die schon eine ganze Weile in der Schweiz lebe, nun endlich etwas ganz Wesentliches über die Schweizer Wahlen und Abstimmungen gelernt. «Nämlich dass man schweigen soll, wenn die schweigende Mehrheit gesprochen hat.»
Nicht immer wirkt ihr Humor sofort, manchmal muss man zuerst den Abgang abwarten, um den Gesamteindruck eines ihrer Sätze beurteilen zu können. Und so erstaunt es nicht, dass Applaus und Gelächter nach ihren Liedern und Gedichten nicht sofort aufbranden, sondern sich mal aus dieser, mal aus jener Ecke ausbreiten, je nachdem, ob man schon lacht oder noch nachdenkt. Uta Köbernick hält dazu auf ihre stille, feine Art fest: «Klatschen Sie nur, wenn Sie wirklich möchten; und nicht, weil ihr Nachbar gerade klatscht. Wir wollen ja nicht, dass die Mehrheit blind einer Minderheit folgt.»
Dabei kann die Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises auch anders, wie sie in zwei Songs mit Klartext unter Beweis stellt. Sie kann, aber sie möchte nicht, und sie ist auch viel besser, wenn sie subtile Ironie verbreitet. So redet sie von den Kindern, die Kakaobohnen ablesen müssen, anstatt zur Schule zu gehen, um dann festzustellen: «Hier in der Schweiz haben wir zum Glück keine Kinderarbeit, das ist verboten. Wir haben nur Schokolade.» Das ist Köbernick in Reinkultur, wie sie zum Nachdenken anregt, wie sie uns alle betrifft. Selten geht es um Politik, immer aber um uns, unsere Beziehungen, unsere Gefühle. Und, ja, um das, was hinter unseren Fassaden verborgen ist. Wer Köbernick zuhört, darf nicht erwarten, sich auf Kosten anderer amüsieren zu können. Vielmehr sollte man bereit sein, über sich selbst kritisch nachzudenken.
Das Publikum im praktisch ausverkauften Asylhof jedenfalls hat diese Bereitschaft am Samstagabend aufgebracht und «Auch nicht schlimmer» mit anhaltendem Applaus und Bravo-Rufen quittiert. Und Uta Köbernick, die sichtlich Gefallen fand an ihrem Publikum, hat sich verabschiedet, wie es von ihr zu erwarten war. «Wir lassen dies mehrmals hin- und herlaufen», sagte sie dem klatschenden Publikum. «Ich sing jetzt noch ein Gute-Nacht-Lied und dann ist Schluss.»
Bis 18.8. www.nordart.ch