Ein Haus der Wörter, der Literatur, der Bücher ist das Bodmanhaus in Gottlieben: In Erinnerung an Emanuel von Bodman, der hier gelebt hat, und als «Kleines Literaturhaus» mit feinen Lesungen, Vorträgen, Diskussionen.
Ein Haus der Wörter, der Literatur, der Bücher ist das Bodmanhaus in Gottlieben: In Erinnerung an Emanuel von Bodman, der hier gelebt hat, und als «Kleines Literaturhaus» mit feinen Lesungen, Vorträgen, Diskussionen.
Und es ist ein Haus des Papiers, denn im Parterre betreibt Kerstin Hennings ihre Handbuchbinderei. Mehr noch: Alle zwei Jahre ist das Bodmanhaus voll von Papier. Dann kommt Buchdrucker und Verleger Beat Brechbühl für drei Tage aus Frauenfeld und bringt um die zehn Meister der Papierkünste mit für «Papier & was». Seit 2003, und unterstützt von Brigitte Conrad, Kerstin Hennings, Roswitha Schweichel. Letztes Wochenende wieder.
Mehr als eine Ausstellung sei «Papier & was», sagt Brechbühl. Das stimmt: Die Künstler und Handwerkerinnen haben ausreichend Platz, ihre Preziosen zu zeigen und zu erklären.
Um den Gachnanger Werner Gunterswiler etwa hat sich eine Gruppe geschart, angezogen von Kröten und Grillen und wunderlichen Menschengestalten. Wenn er nicht seine Klasse unterrichtet, hört er Musik oder ein Hörbuch, und schneidet seine Karikaturen ähnelnden Themen in schwarzes Papier, Fitzelchen um Fitzelchen, Idee um Idee, lässt das Bild wachsen und entstehen. Nicht mit einem Skalpell schneidet er, sondern freihändig mit winzigen Scheren. Unendlich langsam. Hinter Glas dann wölben sich die feinen schwarzen Linien ein wenig und lassen die Bilder fast plastisch erscheinen.
Nicht minder fragil und luftig wirken Doris Schuhmachers Stricksachen aus Papier: Halstücher, Umhänge, ganze Kleider. Auf einfachen Strickmaschinen verarbeitet sie Papiergarn: weisses oder eingefärbtes. Es fasert nicht (Allergiker schätzen das) und lässt sich sogar waschen – ausser jenes, das eine Winterthurerin aus Altpapier herstellt.
Die Konstanzerin Konstanze Brahn experimentiert mit ihrer eigenen (ungiftigen) Tiefdrucktechnik. Auf ihren an Italien oder die Antike erinnernden Bildern, lauter Unikate, variiert sie Themen wie Musik oder Städte, oft ergänzt durch handgeschriebene Texte.
An Auffahrt habe er die Reihe erfunden, sagt Beat Brechbühl. In seinem Atelier setzt und druckt er ausgewählte Gedichte neu auf Mini-Bodoni-Blätter. Siebzehn sind bereits entstanden, mehr sollen folgen. Sie sind schlichter gehalten als die plakatgrossen Bodoni-Blätter und eignen sich wunderbar als Ersatz für die zu Einladungen mitgeschleppte Flasche Wein.
Dirk Lange braucht gut und gern einen Tag für ein Marmorpapier. Er mischt seine Farben selber aus Pigmenten, mischt Ochsengalle dazu, damit die Oberflächenspannung kleiner wird, trägt bis zu zwanzig Farben auf eine schleimige Flüssigkeit auf, zieht sie zu Mustern oder Mäandern, legt den Bogen Papier auf: einen als Unikat oder mehrere nacheinander zu einer Serie aus Variationen. Seit fünf Jahren tut er das, der ehemalige Maschinenbauingenieur aus Thüringen: Er mischt nun Präzision mit Zufall, tauscht Hektik gegen etwas Meditatives.
Die Kalligraphin Brigitte Roten macht aus Buchstaben Formen, aus Wörtern Klänge, aus Leitsätzen Bilder. Sie korrespondiert gern mit Kollegen – und sammelt die Briefumschläge – kleine Kunstwerke, die bisweilen den Pöstler herausfordern. «Meine eigenen habe ich natürlich nicht mehr.»
Sympathischer Einstieg oder Schlusspunkt: Im Parterre konnte sich Gross und Klein im Papierschöpfen versuchen.