Für die Thurgauer Daniel und Martin Hubmann hat im finnischen Turku die Weltcupsaison begonnen. Den Saisonhöhepunkt bildet auch in diesem Jahr die Weltmeisterschaft.
Urs Huwyler
Die Langdistanz gilt im Orientierungslauf als Königsdisziplin. Daniel Hubmann gewann 2008 und 2009 WM-Gold, 2014 und 2015 Silber sowie 2016 Bronze. Die Ausdauerdisziplin liegt dem sechsfachen Weltcup-Gesamtsieger aus Eschlikon. Beim Saisonauftakt an diesem Wochenende in Turku, Finnland, wird die Langdistanz-Klassierung jedoch kaum interessieren: Das Sprint- und Mitteldistanz-Resultat ergibt nach einer Handicap-Formel die Startliste für die Königsdisziplin. Wer dann im letzten Rennen zuerst durchs Ziel läuft, hat die mit 800 Euro dotierte Gesamtwertung der drei Weltcuprennen gewonnen. «Im Vergleich zu andern Sportarten ist das Preisgeld zwar eher bescheiden, aber wir sind um jede Prämie froh», sagt Mitfavorit Daniel Hubmann.
Im zehnten Profijahr vermag den Thurgauer das neue Format nicht aus der Ruhe zu bringen. Zumal er als Allrounder – Hubmann gewann den WM-Titel schon auf allen Distanzen – sowieso alle Wettkämpfe bestreitet. «Eigentlich sollte mir der Modus entgegenkommen. Andere Spitzenleute haben speziell den Sprint oft ausgelassen, jetzt müssen sie starten.» Auf die Zielsetzung braucht der 34-jährige Familienvater nicht angesprochen zu werden. Bei seinem Palmarès kommen ehrenvolle Platzierungen ehrenvollen Niederlagen gleich – in jedem Rennen.
Eine Anlaufphase wird der Weltklasse nicht gewährt. Fünf Wochen nach dem Auftakt folgt die WM in Estland, Ende September findet in Grindelwald der Weltcupfinal statt. «Das ganze Programm ist in diesem Jahr sehr kompakt. Umso wichtiger ist es, von Beginn weg vorne dabei zu sein», sagt Daniel Hubmann. «Ich bin verletzungsfrei über den Winter gekommen, habe mehr zu Hause trainiert als sonst. Die Form sollte stimmen, obwohl vor dem ersten Rennen immer eine gewisse Unsicherheit besteht.»
2005 siegte der gelernte Schreiner erstmals im Weltcup. Inzwischen stehen 28 Erfolge auf dem Konto. Verändert hat sich in der Zwischenzeit wenig. Dazu gekommen ist einzig der Sprint. «Früher», erinnert sich Daniel Hubmann, «gewann ich manchmal mit bis zu 30 Sekunden Vorsprung. Heute gibt es Athleten, die sich spezialisieren. Sie sind auf der Bahn deutlich schneller als ich. Im Gelände kann ich sie mit einem fehlerfreien Lauf jedoch weiterhin besiegen.»
Als Sprintspezialist wurde bisher auch Martin Hubmann betitelt, der ebenfalls dem Schweizer A-Kader angehört. Weltmeister und Vizeweltmeister mit der Sprint-Staffel, Vize-Einzel-Weltmeister im Sprint, Dritter im EM-Sprint, die Medaillen erkämpfte sich der sechs Jahre jüngere Bruder von Daniel auf der Kurzdistanz. Wobei die Statistik ein falsches Bild vermittelt. Das Selektionsgremium hätte Martin Hubmann mehrmals auch für die Mittelstrecke nominieren können.
Möglicherweise muss er 2017 erneut über die Klinge springen. Während Daniel Hubmann an der WM vom 30. Juni bis 7. Juli in Estland für alle drei Einzel und die Staffel selektioniert wurde, ist Martin wie 2016 in den Sprintrennen gesetzt und über die Mittel- und Langdistanz als Ersatz aufgeboten. Den Weg zum Allrounder wird er trotz erneuter Enttäuschung weitergehen.