NHL-Spieler Roman Josi über den verlorenen Stanley Cup: «Eine solche Niederlage vergisst du nie»

Der Schweizer Roman Josi ist einer der besten Verteidiger in der NHL und führt die Nashville Predators als Captain an. Er spricht über den Schmerz seiner grössten Niederlage und erklärt, wie er seine Rolle als Teamleader wahrnimmt.

Sergio Dudli
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Roman Josi geht in seine zweite Saison als Captain. (Bild: AP)

Roman Josi geht in seine zweite Saison als Captain. (Bild: AP)

Im Juni des vergangenen Jahres schritt Roman Josi zu seinem bisher schwersten Interview. Er, der Verteidiger von den Nashville Predators, musste nach dem verlorenen Stanley-Cup-Final gegen die Pittsburgh Penguins vor die Medien treten, die schmerzhafte Niederlage erklären. Es flossen Tränen, ein Traum zerbrach. In den Monaten seit diesem schweren Gang ist vieles passiert: Der 28-jährigen Berner wurde zum Captain der Nashville Predators ernannt, gewann mit der Schweiz die WM-Silbermedaille und hat geheiratet. Doch die Niederlage von damals hat Josi trotz allem nicht vergessen.

Roman Josi, Sie hatten in der Saison 2016/2017 eine Hand schon am Stanley Cup, verloren dann aber die Finalserie. Mit welchen Emotionen blicken Sie zurück?

Es ist sehr schwierig. Es schmerzt natürlich, wenn du so nahe dran bist und das grosse Ziel letztlich doch nicht erreichst. Ganz ehrlich? Eine solche Niederlage vergisst du nicht. Wir waren so kurz davor, unseren Traum zu erfüllen – und dann standen wir mit leeren Händen da.

Gab es auch positive Aspekte, die Sie aus diesen Erfahrungen ziehen konnten?

Es ist rückblickend nicht alles negativ. Für fast jeden Spieler waren er die ersten Partien in einem solchen Final. Diese Spiele und alles drum herum waren eine tolle Erfahrung. Es gab Momente und Eindrücke, die jeder von uns mitgenommen hat.

Aber nochmals: Wenn du so nahe dran bist, zählt nur der Titel.

Dieser wurde aber auch in der vergangenen Saison verpasst, für Nashville war in der zweiten Playoff-Runde Schluss. Welche Details entscheiden auf diesem hohen Niveau über Sieg oder Niederlage?

Die NHL ist eine sehr enge Liga, alle Mannschaften sind nahe beisammen. Die Spiele sind extrem hart, gerade im Playoff, wenn es zählt und um den Stanley Cup geht. In diesen entscheidenden Partien ist es egal, gegen welches Team du spielst, weil dir jede Mannschaft alles abverlangt. In der vergangenen Saison spielten wir eine sehr gute Regular Season und agierten in dieser Phase auf einem konstant hohen Niveau. Aber im Playoff waren wir nicht in der Lage, unser bestes Eishockey abzurufen. Fehlen dir ein paar Prozent, reicht es schlicht und einfach nicht.

In dieser Spielzeit gehören die Nashville Predators erneut zum erweiterten Kreis der Favoriten. Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Unser Team ist gegenüber dem Vorjahr grösstenteils zusammengeblieben, es sind nur ein, zwei Spieler dazugekommen. Wir verfügen über viel Selbstvertrauen, weil wir das aus der vergangenen Saison mitgenommen haben, was gut war – und das waren unsere Leistungen in der Qualifikation. Ich denke, dass für uns vieles möglich ist.

Diese NHL-Saison ist Ihre achte, die zweite als Captain. Was für eine Leader sind Sie?

Ich bin eher einer, der mit Leistung vorangeht. Natürlich, wenn ich das Gefühl habe, ich müsse etwas in der Kabine ansprechen, mache ich das auch. Aber meine Philosophie ist es, mit meinem Auftreten und meinen Leistungen die Teamkollegen mitzureissen. Wenn du als Captain mit deinem Spiel überzeugst, sehen das die anderen und versuchen, dir zu folgen. So entsteht eine gute Dynamik im Team.

Ihre Leistungen sind seit Jahren konstant, Sie gelten als einer der besten Offensiv-Verteidiger der Liga. In welchen Bereichen können Sie noch Fortschritte machen?

Du kannst dich immer verbessern. An meinem Schuss und meinem Verhalten in der Defensive kann ich noch arbeiten. Ich bin einer, der gerne anderen Spielern zuschaut, beobachtet, was sie gut machen.

Dieser Prozess, nach Aspekten in meinem Spiel Ausschau zu halten, die ich verbessern kann, hört nie auf.

Sie leben seit Jahren in Amerika, Ihre Frau ist Amerikanerin. Wie gut tut es, dass Sie mit Yannick Weber und Kevin Fiala zwei Schweizer Teamkollegen haben?

Mit Yannick bin ich praktisch aufgewachsen. Wir haben beide bei Bern gespielt, ich kenne ihn seit klein auf. Dass wir jetzt zusammen für ein NHL-Team spielen, ist für uns sehr speziell. Kevin lernte ich vor fünf, sechs Jahren kennen, als er das erste Mal hier war. Ich habe damals versucht, ihm beim Einleben zu helfen, zumal ich schon etwas länger in Nashville war. Ich habe zu beiden ein sehr gutes Verhältnis und schätze das auch.

Es gibt immer mehr Schweizer in der NHL. Als Sie kamen, war nur Mark Streit da. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?

Sehr positiv. Es gibt immer mehr Schweizer in der NHL und gerade die jungen Spieler kommen mit immer mehr Selbstvertrauen nach Nordamerika. Sie wissen, dass sie sich mit harter Arbeit in der NHL durchsetzen können. Diese neue Mentalität haben wir sicher auch Mark Streit und seinen Leistungen zu verdanken. Er war der Türöffner und hat gezeigt, was mit Fleiss, harter Arbeit und einem starken Willen alles erreicht werden kann.