NBA: Trotz Ligadominator eine unglaublich spannende Liga

Die Golden State Warriors zementieren den Status quo und holten den dritten NBA-Titel in vier Jahren. Dem Unterhaltungswert der besten Basketball-Liga tut diese Monotonie keinen Abbruch.

Nicola Berger
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Spieler des Meisters der Golden State Warriors: Andre Iguodala, Klay Thompson, Stephen Curry, und Draymond Green. (David Maxwell/EPA)

Spieler des Meisters der Golden State Warriors: Andre Iguodala, Klay Thompson, Stephen Curry, und Draymond Green. (David Maxwell/EPA)

Eine zu erdrückende Dominanz eines Teams ist Gift für den Unterhaltungswert einer Liga, die Super League konnte mit dem Serienmeister FC Basel davon jahrelang ein Lied singen. Nun hat auch die NBA ihre Dynastie, der turmhohe Favorit Golden State Warriors holte den Titel erneut. In einem sehr ungleichen Final verloren die Warriors gegen die Cleveland Cavaliers nicht ein Spiel. Und doch droht keine Eintönigkeit, diesen Begriff kennt der Milliardenmarkt NBA nicht. Eine Umschau der besten Geschichten aus einer turbulenten Saison.

Die Twitter-Affäre

Am Donnerstag musste Bryan Colangelo, der General Manager der Philadelphia 76ers, zurücktreten. Vorausgegangen war eine der bizarrsten Geschichten, die der US-Profisport in der Neuzeit gesehen hatte. Die Online-Plattform «The Ringer» hatte einen Tipp erhalten, dass die Spuren von fünf anonymen Twitter-Accounts zu Colangelo führen. Von den Konten aus waren Philadelphia-Profis schlechtgemacht worden. Es wurden vertrauliche medizinische Informationen an Journalisten weitergegeben. Und unermüdlich wurde Colangelo verteidigt – sei es sein Wirken als Manager oder seine modischen Vorlieben: «Das ist ein normaler Hemdkragen!» Nach einer einwöchigen Untersuchung gab Colangelos Ehefrau zu, die Beiträge selber geschrieben zu haben – ehe sie ihr Mobiltelefon aber den Detektiven abgab, löschte sie alle Inhalte, was man vermutlich nicht unbedingt tut, will man gestehen. Doch selbst wenn sie bloss ihren Mann schützen wollte: Sie konnte ihn nicht retten. Colangelo, ohnehin wenig populär in Philadelphia, musste gehen. Philadelphia steht vor dem wichtigsten Sommer der Klubgeschichte. Die seit 1983 titellosen 76ers wollen sich den weltbesten Basketballer LeBron James aus Cleveland angeln.

Die andere Twitter-Affäre

Kevin Durant, einer der Schlüsselspieler des Meisters Golden State, verdient mehr als 26 Millionen Dollar. Man würde denken, dass es ihm egal ist, was Twitter-Nutzer über ihn denken. Doch Durant unterhielt Fake-Accounts, um sich zu erklären. Als ihn jemand fragte, weshalb er Oklahoma City verlassen habe, schrieb Durant über sich selber in der dritten Person diese Zeilen: «Er mochte die Organisation und den Trainer Billy Donovan nicht. Das Kader war nicht wirklich gut, es gab nur Durant und Russell Westbrook.» Ungeschickt nur, dass Durant vergass, das Konto zu wechseln und die Antwort von seinem offiziellen Account aus sandte...

Die Verletzungen

Jähzorn hat gerade Hochkonjunktur in der NBA. LeBron James verletzte sich im ersten Spiel der Finalserie an der Hand, weil er aus Frust in der Garderobe in eine Wandtafel geboxt hatte. Der Boston-Profi Marcus Smart fiel im Januar mehrere Wochen aus, weil er im Zorn in einen Bilderrahmen gehauen hatte. Und Kawhi Leonard, der wichtigste Spieler der San Antonio Spurs, verpasste fast die ganze Saison mit einer mysteriösen Verletzung, von der manche Journalisten berichteten, sie entspringe der Fantasie – Leonard wolle schlicht den Klub wechseln. Öl ins Feuer goss Leonards französischer Teamkollege Tony Parker, der sagte, seine eigene Oberschenkelverletzung sei «100-mal schlimmer».

Die Verschwörungstheoretiker

Clevelands Jordan Clarkson sagt in einem Interview, er glaube, es habe eine Zeit gegeben, in der «grössere Menschen» Dinosaurier als Haustiere hielten. Und Kyrie Irving, der Star der Boston Celtics, sagt, die Erde sei eine Scheibe. Es wird selten langweilig in der NBA. Und nun steht der Liga der möglicherweise heisseste Transfersommer seit langem bevor. Der Markt öffnet am 1. Juli – neben der Lichtgestalt James könnten mit Paul George (Oklahoma City), Kawhi Leonard (San Antonio), Chris Paul (Houston) DeMarcus Cousins (New Orleans) weitere grosse Namen den Klub wechseln. Dazu fragt sich, ob es den Houston Rockets gelingt, den Schweizer Clint Capela zu halten – und wenn ja, zu welchem Preis.

NBA-Basketball. Playoffs (best of 7). Final. 4. Spiel: Cleveland Cavaliers – Golden State Warriors 85:108; Endstand 0:4. – Titelverteidiger Golden State zum sechsten Mal NBA-Champion.