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Nach der WM ist vor der WM - warum Seefeld der spektakulärere Gastgeber sein wird als Åre

Auf die alpinen Wettkämpfe folgen ab heute die nordischen. Die Chancen stehen gut, dass die WM in Seefeld stimmungsvoller wird als jene in Åre. 200'000 Zuschauer werden in Tirol erwartet – und natürlich der König von Norwegen. Eine Übersicht.

Ralf Streule, Seefeld
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Langlaufen vor dem Wettersteingebirge: Ab morgen wird hier um Medaillen gesprintet. (Bild: APA (Seefeld, 18. Februar 2019))

Langlaufen vor dem Wettersteingebirge: Ab morgen wird hier um Medaillen gesprintet. (Bild: APA (Seefeld, 18. Februar 2019))

Verkehrte Welt, was die Auswahl der WM-Gastgeber angeht: Nachdem die FIS für die alpine Ski-WM in den vergangenen Wochen im langlaufverrückten Schweden Halt machte, lässt man die Langläufer nun im alpinverrückten Land Österreich um WM-Meriten kämpfen. Eine stimmungslose Angelegenheit wie die Bewerbe in Schweden sind in Österreich aber nicht zu erwarten, wie unsere Übersicht zeigt.

Die Zahlen

Mehr als 200000 Zuschauer werden in den eineinhalb Wochen in Seefeld die 22 Medaillenentscheidungen miterleben. Eine Vergleichszahl: 165 000 waren es in St. Moritz bei der alpinen WM vor zwei Jahren. 12 000 Tickets seien in die Schweiz verkauft worden, heisst es von den Organisatoren in Seefeld. Rund 700 Athleten aus 60 Nationen nehmen an der WM Teil.

Die Umgebung

Seefeld ist das Engadin oder das Obergoms Österreichs. Das Hochplateau oberhalb von Innsbruck gilt als Langlaufparadies. 250 km Loipen sind unterhalb des eindrücklichen Wettersteingebirges gespurt. Auf der WM-Webseite wird Seefeld sogar als die erste alpine Region bezeichnet, die den skandinavischen Langlaufboom in den 1960er-Jahren mitgemacht habe. Vorschub leisteten die Olympischen Spiele 1964 und 1976 in Innsbruck, als die Langlaufrennen in Seefeld ausgetragen wurden, sowie die WM 1985 in Seefeld. Dennoch: 2014 bei der Wahl des WM-Austragungsorts hat sich Seefeld nur knapp gegen Oberstdorf durchgesetzt.

Die Wettkampfstätten

Im vergangenen Sommer wurde in Seefeld geschaufelt und gebaggert. Neue Loipentunnels, -übergänge und -passagen durch den Wald wurden gebaut, dazu kam, extra für die WM, ein Bahnhofneubau. Die Wettkampfstätten liegen zentral, nahe des Langlaufziels befindet sich auch die Normalschanze. Einzig der Wettbewerb auf der Grossschanze wird in Innsbruck auf der Bergisel-Anlage stattfinden. Für die Nordisch Kombinierer heisst das: Sie werden nach dem Springen eine halbstündige Autofahrt auf sich nehmen müssen, bevor sie auf die Loipe wechseln können.

Die Neuerungen

Erst vor drei Wochen hat sich die FIS entschieden, einen neuen Wettbewerb für die WM zuzulassen. Die Frauen werden erstmals ein Teamspringen austragen. In der nichtolympischen Disziplin sind die deutschen Frauen deutlich favorisiert. Und die Schweizerinnen? Sie sind, wie auch im Weltcup, im WM-Skispringen nicht vertreten.

Die Schweizer

Zwei Dinge gilt es aus Schweizer Sicht auszumerzen. Erstens: Die durchzogene WM 2017, als man Lahti ohne Medaille verliess. Zweitens: Die ungenügende Weltcup-Saison, in der man erst vor einigen Tagen den ersten Podestplatz feiern konnte, jenen von Nadine Fähndrich über 10 km klassisch. Was spricht dafür, dass man das Steuer herumreissen kann? Vielleicht die Tatsache, dass Dario Cologna und Laurien van der Graaff vor einem Jahr in Seefeld im Weltcup gewannen? Oder dass viele Schweizer wie Cologna oder Fähndrich ihre Formplanung strikt auf die WM ausgerichtet haben? Vielleicht, dass Killian Peier eine konstante Saison zeigt und ein Podest-Ex­ploit früher oder später einmal eintreten wird? Vielleicht aber auch der erwartete Zuschaueraufmarsch aus der Schweiz. Von der Grenze aus ist Seefeld in zwei Autostunden zu erreichen.

Das Wetter

Der blaue Himmel dürfte in den kommenden Tagen die Wettkämpfe begleiten. Kaiserwetter nennen sie das hier, doch was bedeutet es für die Wachsequipen? Minustemperaturen in der Nacht und Sonne am Tag bedeuten schnelle, wachstechnisch einfache Bedingungen – wenn am Morgen gestartet wird. Da sich die Rennen aber oft in den Nachmittag hineinziehen, ist die Herausforderung für die Wachsteams gross.

Die Favoriten

Was das Langlaufen anbelangt, kennen wir die Monotonie: Norwegen, Norwegen, Norwegen. Logisch, will da das norwegische Königsehepaar mit dabei sein. Schon am Sonntag sind König Harald V. und Ehefrau Sonja in Innsbruck gelandet. Bei den Männern wird die Dominanz von Johannes Klaebo und Co. nur durch Russland etwas abgeschwächt, namentlich vor allem durch Alexander Bolschunow. Im Sprint kann sich zudem der Italiener Federico Pellegrino Siegchancen ausrechnen, über 15 km der Finne Iivo Niskanen. Bei den Frauen wird nichts an Therese Johaug vorbeiführen. Ganz Schweden hofft, dass Stina Nilsson immerhin im Sprint in die norwegische Suppe spucken wird. Die Skispringen sind offener. Sieben Nationen konnten in diesem Winter im Weltcup gewinnen. Favorit ist der Japaner Ryoyu Kobayashi, der die Vierschanzentournee dominierte – und dabei auch in Innsbruck gewann.

Die Österreicher

Die Schmach von Åre ist noch frisch. Die Chance, dass die Österreicher diesmal im Medaillenspiegel vor den Schweizern stehen werden, ist aber gross. Skispringerinnen und Skispringer sowie die Kombinierer haben Medaillenchancen. Auf der Loipe ist einzig Teresa Stadlober ein Topresultat zuzutrauen – sofern sie sich im Loipengewirr nicht verläuft.

Das Maskottchen

Das Maskottchen der WM ist – wie übrigens schon vor 34 Jahren an der WM 1985 in Seefeld – ein Schneemann. Er trägt eine rote Mütze und den naheliegenden Namen Snowie. Der Name ist sogar so naheliegend, dass er in ähnlicher Form auch schon anderen in den Sinn gekommen ist: Für Schweizer Skischulen tanzt jeweils ein Hase namens Snowly über die Kinderpisten. Das Maskottchen hinterlasse in Seefeld schon jetzt seine Spuren, ist von den WM-Veranstaltern zu lesen: «Es gibt hier vermehrt kleine Hunde, die Snowie heissen.»

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