Katie Melua hat bewiesen, dass auch an einem Grosskonzert Intimität aufkommen kann. Auf dem Schaffhauser Herrenacker herrschte eine Stimmung wie bei einem klassischen Konzert.
SCHAFFHAUSEN. Wenn die 29jährige Katie Melua auf die Bühne tritt, meint der Zuschauer, da komme ein schüchterner, hübscher Teenager. Ein Blick aus dunklen Rehaugen unter dem eleganten schwarzen Hut hervor, die Kamera, die ihren Körper von unten nach oben zelebriert und auf ihren nackten Beinen verweilt, doch ohne dass es billig, sondern eher unschuldig wirkt. Dazu eine vierköpfige Männerband – drei Musiker könnten vom Alter her ihr Vater oder Grossvater sein.
Nach jedem Lied ein kurzer, höflicher Applaus vom Publikum, ein «Thank you so much» von der Sängerin, zwei, drei Sätze als Überleitung zum nächsten Lied. Wenn Katie Melua redet, wirkt sie unscheinbar und mädchenhaft. Im Singen offenbart sie grosse Gefühle: Sie liebt und leidet mit grossem Herzen. Die Mimik untermalt das Gehörte.
Da braucht es keine Lichtshow, nur warme Farben sorgen für Stimmung. Keine Mätzchen, kein Tanz, nur gelegentlich steht sie wie ein Flamingo da, wenn sie ein Bein anwinkelt. Ansonsten volle Konzentration auf die Musik, die perfekt daherkommt, kaum unterscheidbar von der CD.
Katie Melua ist ein Profi, das Publikum wird nicht enttäuscht. Knappe zwei Stunden, von kurz nach 22 Uhr bis kurz vor Mitternacht, singt sie am Donnerstagabend auf dem Schaffhauser Herrenacker im Rahmen des Festivals «Stars in Town», und das Publikum hört andächtig zu. «Kuschel-Time» wurde von Moderator Alexander Blunschi angekündigt, doch das wird Melua nicht ganz gerecht, da sie nicht einfach nur in die Liebchenecke gestellt gehört. So erwachsen bis betagt ihr Publikum ist, so reif und lebenserfahren sind auch ihre Lieder.
Nach einem Katie-Melua-Konzert ist der Besucher befriedigt wie nach einem guten klassischen Konzert. Eine saubere Leistung, doch ohne Zorn oder Ekstase. Sie singt neben eigenen Liedern auch «Kozmic Blues» von Janis Joplin, die sie als grosses Vorbild bezeichnet. Doch hier zeigt sich ein grosser Unterschied – das Lied ist kaum wiederzuerkennen. Katie Melua ist nicht Janis Joplin, ist zierlicher, ganz ohne Wut und Feuer. Nicht heiss, aber angenehm warm. Und hinterlässt ein angenehmes Gefühl. Dazu passt das Wetter am Konzert: ein ganz klein wenig Regen, mehr streichelnd als störend. Die Sängerin bleibt auf jeden Fall in Erinnerung. Niemals mehr werden die Zuhörer vergessen, wie viel Millionen Velos es in Peking gibt.