MUMM: Gesteigertes Selbstbewusstsein

Das 1:1 zwischen St. Gallen und Luzern hätte in die eine oder andere Richtung kippen können, es bot Stoff für viele Geschichten. Später verdeutlichten die Reaktionen der Ostschweizer eines: Man wollte und will mehr.

Christian Brägger
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Teamgeist: Die St. Galler stehen zusammen und präsentieren sich als Einheit. (Bild: Michel Canonica)

Teamgeist: Die St. Galler stehen zusammen und präsentieren sich als Einheit. (Bild: Michel Canonica)

Christian Brägger

Beim Betrachten der TV-Bilder musste man Trainer Joe Zinnbauer recht geben – der Luzerner Tomi Juri stand wohl im Abseits, als er in der 51. Minute den Angriff lancierte, den er schliesslich erfolgreich abschloss. Weil wenig später Yannis Tafer mit seiner einzigen Aktion ausglich, waren die Ereignisse vom Samstag, die zu Zählbarem führten, rasch erzählt. Das leistungsgerechte 1:1 hatte andere Geschichten parat.

Selbstbewusstsein: In den Katakomben des Kybunparks liess Marco Aratore einen Satz fürs Phrasenschwein fallen, er, der gegen Luzern in der Offensive selten zur Geltung kam. «Wir zeigten Charakter und reagierten auf den Rückstand. Wenn wir das erste Tor nicht kassieren, gewinnen wir die Partie.» Natürlich wird seine Aussage niemals zu verifizieren sein, doch das ist auch nicht nötig, verdeutlicht sie doch eigentlich nur dies: Selbst gegen einen Widersacher, der sechs Punkte vor dem FC St. Gallen rangiert, erhofft man sich mehr als ein Unentschieden. So gesehen sind Aratores Worte eher dem gewachsenen Selbstvertrauen geschuldet, man wollte und will mehr, und im Grunde sind das gute Zeichen für die Zukunft.

Haggui, Gelmi, Lopar: Diese drei Spieler des FC St. Gallen stachen aus dem funktionierenden Kollektiv heraus. Goalie Daniel Lopar rettete zweimal glänzend mit starken Paraden. Karim Haggui ist inzwischen jener Abwehrpatron, den man sich wegen der langjährigen Bundesligaerfahrung erhoffte. Und was der 22-jährige Roy Gelmi am Samstagabend im defensiven Mittelfeld zeigte, verdiente schlichtweg Anerkennung und Lob.

Verletzungshexe: Sie hat auf sich warten lassen in der Rückrunde, doch seit Freitag geistert sie im St. Galler Team herum. Zuerst erwischte es Captain Toko an der rechten Leiste, nach der MRI-Untersuchung geht Trainer Joe Zinnbauer von einer Verhärtung aus. Während des Spiels gegen Luzern verdrehte sich Martin Angha das rechte Knie. Seine MRI-Diagnose: Innenband leicht überdehnt – zum Glück nichts gerissen. Ob und wie lange das Duo ausfällt, ist ungewiss.

Mutiger Trainer: Joe Zinnbauer bewies gegen den Tabellenvierten Mut. Er hätte auf einen Zweiersturm mit Tranquillo Barnetta hinter den Spitzen setzen können. Der Deutsche tat dies aber nicht, weil er dem Gegner nicht das Feld überlassen und selbst offensiv agieren wollte. Auch ein Zeichen des Mumms, den sich die Ostschweizer zuletzt beigebracht haben. Zinnbauer sagte: «Beide Teams wollten den Sieg. Schade, spielten wir im Angriff oft unpräzise. Mich ärgert, dass der Schiedsrichter das 0:1 gab. Das war ganz klar Abseits. Trotzdem: Für die Zuschauer war es ein tolles Spiel, wir waren gut und liessen wenig zu.»

Treffsicherer Angriff: In der Rückrunde schaute nur gegen Lugano nichts Zählbares für den Sturm heraus. Jetzt, wo Roman Buess und Albian Ajeti – sein Pfostenschuss wäre eines Tores würdig gewesen – gerade nicht treffen, steht Tafer bereit. In den vergangenen zwei Partien war es für den Algerier der dritte Treffer.

Wechselgerücht: Dem Vernehmen nach wird Andreas Wittwer mit den Young Boys in Verbindung gebracht. Die Berner wollen ihr Kader offenbar günstiger halten und die teuren Linksfüsser Loris Benito sowie Jan Lecjaks von der Lohnliste wegbringen. Wittwer ist ebenfalls ein Linksfuss – und St. Gallens Dauerläufer. Er spielte alle Partien seit der Winterpause durch, im Sommer jedoch läuft der Kontrakt des Berners aus. Zinnbauer sagte: «Wir sind froh, wenn er bei uns bleibt.»

Barnetta: Im defensiven Mittelfeld hatte Barnetta weniger Einfluss aufs Spiel, dennoch stand er am Ursprung des Ausgleichs. Er sagte: «Ich sehe mich definitiv weiter vorne, aber wenn Not am Manne ist, kann ich diese defensivere Rolle schon übernehmen. Doch ein Krieger wie Toko ist ja auch nicht so leicht zu ersetzen.»