Im Nebel liefern sich der FC St.Gallen und Lugano einen durchaus unterhaltsamen Abnützungskampf. Weil den St.Gallern die Durchschlagskraft und den Tessinern das Abschlussglück fehlt, gibt es keine Tore und keinen Sieger.
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Die beiden Mannschaften tun ihr Möglichstes, um den paar Zuschauern im Stadion und den Tausenden daheim in der warmen TV-Stube etwas zu bieten. St.Gallen fehlt allerdings jegliche Durchschlagskraft und Präzision in der Offensive. Lugano seinerseits verlegt sich vorwiegend aufs Kontern, kommt dabei aber zu den besseren Chancen als das Heimteam. Fazit: Es gab schon langweiligere, schlechtere Spiele als dieses. Aber so richtig Spass machte es trotzdem nicht. Spielnote: 4
Einmal Demirovic, zweimal Ruiz: So hiessen die Torschützen für den FC St.Gallen am 26. Januar 2020. Corona war damals erst ein – blasses – Schreckgespenst am asiatischen Horizont. Und der FC St.Gallen hatte zum Auftakt der Rückrunde soeben einen 0:1-Rückstand gegen Lugano vor 11'133 Fans in einen überzeugenden 3:1-Sieg verwandelt.
Kybunpark, 16. Dezember 2020: Wie vor rund elf Monaten liegen die Temperaturen auch bei diesem Duell zwischen St.Gallen und Lugano nur knapp über dem Gefrierpunkt. Die Atmosphäre mitten in der zweiten Coronawelle ist aber unendlich trister als damals:
Der FC St.Gallen steht zu Beginn zwar gewohnt hoch. Die Espen versuchen insbesondere den aktiven, wirbligen Thody Elie Youan immer wieder gefährlich zu lancieren. Mehr als ein paar wenige Halbchancen schauen in der Startviertelstunde aber nicht heraus. Die fast schon grösste Torgefahr geht von einem Tessiner aus, der in extremis vor dem eigenen Kasten klären will und dabei beinahe ein Eigentor produziert.
In der 25. Minute tauchen die Gäste ein erstes Mal gefährlich vor Zigi auf – und wie: Lavanchy wird wunderbar freigespielt, scheitert mit seinen zwei Abschlussversuchen aber am mirakulös wehrenden St.Galler Schlussmann, wobei ein allfälliger Treffer wegen Abseits wohl annulliert worden wäre. Nur wenig später wird derselbe Lavanchy auf rechts lanciert. Seine scharfe Hereingabe landet bei Christopher Lungoyi, der den Ball an die Latte donnert. Die St.Galler können nun von Glück sagen, nicht in Rückstand geraten zu sein gegen defensiv gut stehende, aufopferungsvoll kämpfende und beim Kontern brandgefährliche Luganesi.
Richtet es für die Espen allenfalls Kunstschütze Jordi Quintillà mit einem Freistoss nach knapp 40 Minuten? Fehlanzeige – sein Schuss geht deutlich übers Tor. Auch ein zweiter Versuch aus praktisch gleicher Position einige Minuten später bleibt erfolglos.
Bei Wiederanpfiff ist der Ball aufgrund des Nebels plötzlich orange. Obwohl er damit die Farben der Gäste angenommen hat, rollt er in den ersten Minuten nach der Pause eher für Grünweiss. Ohne dass es vor dem Gästetor aber so richtig gefährlich würde. Es sind nach wie vor die Tessiner, die dann, wenn sie in den Angriff übergehen, zielstrebiger und gefährlicher wirken als das Heimteam. Nach rund 60 Minuten reagiert Espen-Cheftrainer Zeidler: Für den erneut glücklos kämpfenden Kamberi schickt er Boris Babic aufs Feld. Ebendieser Babic ist es, der knapp fünf Minuten später abdrückt. Sein Schuss wird noch abgelenkt und landet neben dem Tor der Tessiner.
Auf der Gegenseite wird es nach einem Corner der Luganesi brandgefährlich: Der Kopfball eines Tessiners landet aber knapp neben dem Tor, und in einer weiteren Szene wehrt Zigi alleine gegen einen Tessiner. Auf der anderen Seite landet ein Abschlussversuch Görtlers an der Latte. In dieser Phase kann die Partie minütlich auf die eine oder die andere Seite kippen. Ein Tor gelingt den beiden Teams allerdings nicht mehr. Das Unentschieden ist letztlich leistungsgerecht, wobei die Gäste über 90 Minuten gesehen die besseren Chancen hatten.
Lukas Görtler. Der Deutsche geht angeschlagen ins Spiel, ist aber trotzdem der auffälligste St.Galler. Er treibt seine Mannschaft an, bereitet einige Chancen vor und scheitert selber knapp mit einem Abschluss in der zweiten Halbzeit. Auch Goalie Lawrence Ati Zigi zeigt diverse starke Paraden und ist seinem Team ein sicherer Rückhalt.
Florian Kamberi. Der St.Galler Neuzugang zeigt sich zwar in diversen Szenen kämpferisch. Das Schlachtenglück ist aber nach wie vor nicht auf seiner Seite. Kamberi kann seine Nomination für die Startelf zu keinem Zeitpunkt rechtfertigen und muss nach knapp 60 Minuten Boris Babic Platz machen.
Urs Schnyder ist der Partie ein guter Leiter. Mit seiner unaufgeregten Art hat er das Spiel jederzeit im Griff, Die beiden Teams machen es dem Referee aber auch leicht. Sie verzichten über weite Strecken auf Nickligkeiten und überharte Fouls. Was bei Zusammentreffen dieser beiden Mannschaften in der Vergangenheit nicht immer der Fall war.
«Der stille Schaffer in der Innenverteidigung»: Diesen Titel trägt ein Porträt über Leonidas Stergiou, das der FC St.Gallen am Mittwoch auf seiner Website veröffentlichte. Der 18-Jährige wird im Text als ein Spieler beschrieben, der aus dem Team kaum wegzudenken sei. Just am Tag des Erscheinens des Artikels bricht die tragende Säule in St.Gallens Verteidigung weg: Stergiou wird auf dem Matchblatt unter den Abwesenden aufgeführt. Er habe sich kurz vor der Partie unwohl gefühlt, heisst es zunächst von Seiten des FCSG.
Als Ersatz für Stergiou nominiert Trainer Zeidler Yannis Letard. Der Franzose musste in der jüngeren Vergangenheit hartes Brot essen: Zum letzten Mal für den FCSG im Einsatz gestanden hatte Letard Ende Juli beim 3:1 gegen den FCZ im Zürcher Letzigrund. Nun schaffte er es gegen Lugano ein erstes Mal wieder auf den Platz. Und lieferte eine Leistung ab, die hoffen lässt, dass er den Tritt wieder finden wird.
Die Anhänger dürfen aufgrund der Coronakrise zwar weiterhin nicht in den Kybunpark. Dass die Fans ihre Lieblinge aber nicht vergessen haben, zeigt eine tolle Geste aus dem Espenblock: Jeder Spieler erhielt einen selbst gestalteten Trainingspulli. Der FCSG bedankte sich vor dem Spiel in den sozialen Medien dafür:
Was für eine starke Geste aus unserem Espenblock! Als Zeichen des Zusammenhalts & Verbundenheit haben die Fans für jeden unserer Spieler handmade Trainingspullover gestaltet 💚🤍#FCSG #GrüewissimHerz #FCSGLUG pic.twitter.com/q1KSKExHpP
— FC St.Gallen 1879 GRÜEWISS IM HERZ (@FCSG_1879) December 16, 2020
Peter Zeidler, Trainer FC St.Gallen: «Der Plan unseres Gegners war klar: Lugano wollte aus einer massierten Abwehr auf Konter spielen. Leider haben uns die Schnelligkeit und die Präzision im Passspiel gefehlt, sodass es genau zu diesen Kontern kam. Da hätte ich mir mehr gewünscht von meiner Mannschaft. Auch wir hatten klare Chancen, haben aber gegen einen tollen Gegner gespielt, gegen den es nicht einfach ist. Aber klar: Unser Anspruch ist es, besser zu spielen und zu mehr Chancen zu kommen.»
Maurizio Jacobacci, Trainer FC Lugano: «Schade, hatte es keine Zuschauer an diesem Spiel. Es war ein spannendes und interessantes 0:0 mit Chancen für St.Gallen, vor allem aber auch für Lugano. Wir haben gegen einen sehr guten Gegner gespielt und Charakter gezeigt, was auch nötig war, um hier zu bestehen. Mit unseren diversen Chancen sind wir knapp am Sieg vorbeigeschrammt, brauchten aber natürlich auch Glück, da St.Gallen ebenfalls seine Chancen hatte. Es ist letztlich ein guter Punkt, den wir gerne ins Tessin mitnehmen.»