Die routinierten, angezählten Basler kaufen den jungen, müde wirkenden St.Gallern den Schneid ab. Nach der 0:5-Klatsche rückt der erste Meistertitel nach 20 Jahren für die Ostschweizer in weite Ferne.
Der FC Basel ist sofort hellwach, von den Problemem (Coronafall inklusive) im und um den Club ist nichts zu spüren. Bereits nach sechs Minuten führt er – mit sage und schreibe 2:0. Zweimal macht die St.Galler Abwehr keine gute Figur, vor allem Betim Fazliji sieht bei den Gegentoren nicht gut aus. Und ist das 0:1 schon ein kleiner Schock, so ist das unmittelbar darauf folgende 0:2 schon fast der Super-GAU. Was für ein bitterer, vermutlich vorentscheidender Beginn für den FC St.Gallen!
In der Folge lassen sich die Ostschweizer auch noch von der harten Gangart der Basler beirren, es dauert bis zur 16.Minute, ehe Cedric Itten die erste Chance für die Ostschweizer auf dem Fuss hat. In der 26. Minute finden die St.Galler gegen defensive Basler vermeintlich zurück in die Partie, als Itten einen kurzen Querpass von der Grundlinie im Tor versenkt. Doch Passgeber Jérémy Guillemenot ist davor eher knapp im Abseits gestanden – der Treffer zählt vermutlich zurecht nicht.
Danach hat die Mannschaft von Trainer Peter Zeidler das Spiel in Griff, zwingend ist sie selten, auch wenn sie nicht einmal schlecht spielt. Basel seinerseits kann sich ohne grössere Probleme vor einem ersten Gegentor wehren, bei Silvan Heftis abgelenktem Schuss hat es gar ein wenig Glück. Als kurz vor dem Pausenpfiff Guillemenot im Basler Sechzehner etwas zu theatralisch fällt, verwehrt Schiedsrichter Urs Schnyder der Mannschaft von Trainer Peter Zeidler den folgerichtigen Foulpenalty. Eine Berührung von Omar Alderete hat es gegeben, der VAR hätte zwingend eingreifen müssen.
Nach der Pause sind es weiter die St.Galler, die dominieren. Und Basel igelt sich selbst ein, so sehr, dass der Anschlusstreffer nur eine Frage der Zeit scheint. Doch zu allem Überdruss beginnt es auch zu regnen, und Basel findet sich im nassen Wetter wieder besser zurecht. Afimico Pululu muss in der 56.Minute mit einem Konter das 3:0 erzielen, als er alleine auf Zigi losrennt, aber zu eigensinnig selbst den Abschluss sucht und am St.Galler Goalie scheitert. Eine Minute später macht es Ademi besser, sein 3:0 ist die Vorentscheidung, der FC St.Gallen ist kalt geduscht.
Von diesem Rückstand erholen sich die jungen Ostschweizer nicht mehr, auch wenn Ermedin Demirovic, Itten oder Fazliji noch gute Chancen zum Ehrentor haben. Vielmehr erzielen die Gäste noch zwei weiter Tore und liefern den Tatbeweis, dass sie dann am stärksten sind, wenn man sie anzählt. Die routinierten Basler verstehen sich jedenfalls besonders an diesem Mittwochabend hervorragend im Kontern, und weil die frühe Führung ihnen so sehr in die Karten gespielt hat, verdienen sie sich die drei Punkte.
Silvan Hefti versucht mit allen spielerischen Mitteln, nach dem 0:2 die Mannschaft nach vorne zu pushen. Der Captain ist einer der wenigen, der Normalform hat.
Betim Fazliji ist bei den ersten beiden Gegentoren nicht auf der Höhe. Mit Fortdauer der Partie steigert er sich zwar, doch es passt, dass er eine Grosschance nicht verwerten kann. Mit der zweiten Niederlage in Serie ist für ihn auch die Glücksserie definitiv Geschichte.
Mit der Niederlage gegen Basel müssen die Ostschweizer am Donnerstag auf einen Ausrutscher der Young Boys gegen Xamax hoffen. Aus eigener Kraft können sie jedenfalls nicht mehr zum dritten Mal Schweizer Meister werden, das ist schon ein arger Dämpfer. Und auch Platz zwei ist jetzt wieder in Gefahr: Basel liegt nur noch drei Punkte zurück, hat das bessere Torverhältnis. Am Samstag gastieren die St.Galler in Zürich, während Basel am Sonntag auf Lugano und die Young Boys auf Luzern treffen.
Der Basler Raoul Petretta wird am Tag vor der Partie positiv auf das Coronavirus getestet. Der Club hat den Linksverteidiger sofort isoliert, und weil der Rest der Mannschaft ausschliesslich negative Testergebnisse liefert, muss er nicht in Quarantäne und darf gegen den FC St.Gallen in seiner momentanen Bestbesetzung antreten. Zudem: Petretta stand in den beiden letzten Partien nicht im Aufgebot – das kann durchaus vorsorgliche Gründe gehabt haben.
Jasper van der Werff im Dress von Rotblau! Das St.Galler Eigengewächs steht noch immer bei Salzburg unter Vertrag, ist aber an die Basler ausgeliehen. Der 21-Jährige spielt einen soliden Part – vor den Augen von Fifa-Präsident Gianni Infantino, der prominenter Zaungast dieses Spitzenspiels der 33. Runde ist.
Die 750 Fans versuchen zu helfen, wie es nur geht. Mögen sie die Basler wegen ihrer ruppigen Gangart und ihres Auftretens nicht, wird auch noch Schiedsrichter Schnyder nach dem nicht gegebenen Penalty für St.Gallen und dem davor annullierten Abseitstor zum Sündenbock. Zudem könnte der Unparteiische kurz nach dem zweiten Gegentor durchaus Eray Cömert wegen einer Tätlichkeit mit dem Ellbogen an Victor Ruiz vom Platz stellen. Auch sonst scheint der Schiedsrichter mit dem Verteilen der gelben Karten nicht immer richtig zu liegen.
Peter Zeidler: «Basel hat mit einer gesunden Härte gespielt, es war gut vorbereitet gegen uns. Aber wenn man gegen Basel eine Chance haben will, muss man besser verteidigen. Wir haben Lehrgeld bezahlt. Ich werde aber keinem Spieler den Kopf abreissen. Ich werde mir in den nächsten Stunden überlegen, wie ich meine Mannschaft wieder aufrichten kann. Uns haben trotz zeitweiser Dominanz die Tore gefehlt. Und Basel hat dank seiner individuellen Klasse die Tore gemacht.»
Marcel Koller: «Es ist ein verdienter Sieg von uns in verdienter Höhe. Wir hätten sogar noch ein, zwei Tore mehr erzielen können. Wir haben St.Gallen sehr ernst genommen. Mit der Mannschaft haben wir unseren Coronafall kurz angesprochen, legten den Fokus aber ganz klar aufs Spiel.»